Vielleicht hat sie zugestochen, sie wünscht es sich fast

Kultur / 13.10.2023 • 17:52 Uhr
Vielleicht hat sie zugestochen, sie wünscht es sich fast

Flucht vor der Polizei als eine Art Odyssee durch Österreich.

Krimi In der Nacht stirbt die Mutter. Jahrelang hat Maria sie gepflegt und ist damit ständig überfordert gewesen. Jetzt, da sie tot ist, steht sie vor dem Bett und stellt sich die Frage: Was mach ich jetzt? Plötzlich spürt sie die Freiheit in greifbarer Nähe. Sie kann jetzt einfach ausgiebig frühstücken gehen. Und das tut sie dann auch. Als sie zurückkehrt, steht die Polizei vor der Tür. Aus Angst, für den Tod der Mutter verantwortlich gemacht zu werden, fährt die 41-Jährige einfach weiter, geradewegs aus ihrem Leben.

Dabei ist es für Marie gar nicht schwer, unerkannt zu bleiben. Das prekäre dran: Sie nimmt sich immer selbst mit. Kein Wunder, dass sie immer wieder in ein neues Abhängigkeitsverhältnis gerät. Als Pflegerin ebenso wie als Kellnerin oder im Bett. Es ist ein immer wiederkehrendes Muster, das ihr das Leben schwer macht. Der Lesende begleitet die Protagonistin auf einer Art Odyssee durch Österreich. Es nicht nur berührend, sondern gleichzeitig auch erschütternd, wie sehr Marie ausgenutzt wird. Irgendwann wird Marie klar, wenn sie ihre Situation verbessern will, muss sie ihre eigenen Regeln machen. Dass ihre Mutter nicht der einzige Todesfall ist, in den sie involviert zu sein scheint, und dass sie von der Polizei gesucht wird, lässt das Spiel mit den unterschiedlichen Identitäten zur Überlebensstrategie werden. Die Autorin Gudrun Lerchbaum lenkt „Zwischen euch verschwinden“ den Blick auf Frauen, die viel zu oft übersehen werden. Die Hilflosigkeit und die Wut treiben die Spannung voran. Die Botschaft: Es macht keinen Sinn davonzulaufen, egal ob vor sich selber oder vor anderen. CRO

Zwischen euch verschwinden, Gudrun Lerchbaum, Haymon Verlag, 252 Seiten