Ein Kaleidoskop aus Musik, Kunst und Gemeinschaft

Kultur / 16.10.2023 • 15:05 Uhr
Das neue Konzept von Intendant Matthias Honeck und seiner Schwester Anna Maria überzeugte in jeder Hinsicht.<span class="copyright">Julian Forte, :alpenarte</span>
Das neue Konzept von Intendant Matthias Honeck und seiner Schwester Anna Maria überzeugte in jeder Hinsicht.Julian Forte, :alpenarte

Geschwister Honeck entfachen bei der :alpenarte in Schwarzenberg ein Feuerwerk junger Talente und kultureller Begegnungen.

SCHWARZENBERG Diese drei Tage bestätigten eindrücklich, dass inhaltlich von der bisherigen Machart des Festivals :alpenarte in seinen ersten fünf Jahren kaum ein Stein auf dem anderen geblieben ist. Das neue Konzept, das der Geiger Matthias Honeck als Intendant und seine Schwester Anna Maria für das künstlerische Management ersonnen haben, hat in seiner Vielfalt, seiner künstlerischen Brillanz auf Anhieb Jung und Alt überzeugt.

Zwischen den Künstlern und ihrem Publikum kam es immer wieder zu vielfältigen Begegnungen.<span class="copyright">Julian Forte, :alpenarte</span>
Zwischen den Künstlern und ihrem Publikum kam es immer wieder zu vielfältigen Begegnungen.Julian Forte, :alpenarte

Nicht nur in der Musikvermittlung, auch bei den Konzerten und Präsentationen kam es zwischen internationalen sowie heimischen Künstlern und ihrem Publikum immer wieder zu vielfältigen Begegnungen in einer oft fast familiären Atmosphäre.

Die Pre-Concerts im Foyer mit David Kessler, Rahel Neyer, Fridolin Schöbi, Alexander Svetnitsky-Ehrenreich und Hannah Amann<span class="copyright">Julian Forte, :alpenarte</span>.
Die Pre-Concerts im Foyer mit David Kessler, Rahel Neyer, Fridolin Schöbi, Alexander Svetnitsky-Ehrenreich und Hannah AmannJulian Forte, :alpenarte.

Der Freitagabend entfaltete sich mit einem Pre-Concert im Foyer, bei dem regionale Musiker wie David Kessler, Rahel Neyer, Fridolin Schöbi, Hannah Amann und Alexander Svetnitsky-Ehrenreich, die Zuhörer in die musikalische Reise des Festivals einführten. Ein geselliges Meet & Greet bereitete den Boden für das Hauptkonzert, welches die konventionelle Konzertatmosphäre aufbrach. Statt auf der Bühne zu performen, mischten sich die Musiker, darunter Yamen Saadi, Mohamed Hiber, Hwayoon Lee, Philipp Schupelius und Lukas Sternath, unter das Publikum im Saal.

Die besondere Einteilung schuf eine einzigartige Nähe zwischen den Künstlern und Zuhörern.<span class="copyright">Julian Forte, :alpenarte</span>
Die besondere Einteilung schuf eine einzigartige Nähe zwischen den Künstlern und Zuhörern.Julian Forte, :alpenarte

Im sanften Schein der stilvollen Beleuchtung, die dem Raum eine intime Atmosphäre verlieh, saßen die Zuschauer in einem Halbkreis. Dies schuf eine einzigartige Nähe zwischen den Künstlern und Zuhörern, und vertiefte die Verbindung zur Musik auf eine unvergessliche Weise.

Philipp Schupelius verzauberte das Publikum mit seiner Virtuosität in der technisch überaus komplexen "Carmen Fantasie für Cello und Klavier".<span class="copyright">Julian Forte, :alpenarte</span>
Philipp Schupelius verzauberte das Publikum mit seiner Virtuosität in der technisch überaus komplexen "Carmen Fantasie für Cello und Klavier".Julian Forte, :alpenarte

Am Samstag setzte sich die musikalische Expedition fort. Besonders der 21-jährige Cellist Philipp Schupelius, der im August 2023 den Deutschen Musikwettbewerb gewann, verzauberte als primus inter pares das Publikum mit seiner Virtuosität in der technisch überaus komplexen “Carmen Fantasie für Cello und Klavier” von Waxman. Doch auch die anderen Musiker bewiesen mit jeder Note ihre außergewöhnliche Begabung und technische Brillanz, und trugen zu einer Atmosphäre bei, die von meisterlicher Kunstfertigkeit und gemeinschaftlicher Leidenschaft für die Musik durchdrungen war.

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Am Sonntagnachmittag wurden weitere neue Ideen und Programmpunkte von :alpenarte vorgestellt. Die Vergabe eines Kompositionsauftrags an einen jungen Musiker ist als Idee sicher bemerkenswert und wäre es noch mehr, wenn der Auftrag in Zukunft an einen Vorarlberger gehen würde. Diesmal war es der Tiroler Michael A. Leitner, dessen „Fanfare :alpenarte“ durch das Blechbläserquintett R.E.T. Chamber Brass uraufgeführt wurde. Das anspruchsvolle Werk offenbarte in herber Tonsprache eine gekonnte, starke, eigenpersönliche Ausdrucksweise des 26-jährigen Komponisten nach seinem Vorbild Gustav Mahler. Doch noch ehe man sich recht eingehört hatte, war es auch schon wieder vorüber.

Das schwedische A-Cappella-Ensemble bewies in tollen Arrangements und Choreografien höchste Popkultur.<span class="copyright">Julian Forte, :alpenarte</span>
Das schwedische A-Cappella-Ensemble bewies in tollen Arrangements und Choreografien höchste Popkultur.Julian Forte, :alpenarte

Dafür eröffnete das folgende Abschlusskonzert mit weit über zwei Stunden reiner Spielzeit bemerkenswerte Dimensionen, vor allem auch in künstlerischer Hinsicht. Unter dem Motto „Vocal:Brass“ kam es zu einer faszinierenden Begegnung von menschlichen Stimmen und Blechblasinstrumenten. Das verbindende Element, das beide speist und zusammenhält, war dabei der Atem. Zwei junge, vielfach ausgezeichnete Ensembles, die erstmals in Vorarlberg auftraten, eroberten damit das Publikum im Sturm. Auf der Bühne präsentierte sich das sechsköpfige schwedische A-Cappella-Ensemble AORA, gegenüber auf der Galerie musizierte das Blechbläserquintett. Exzellente schwedische Popkultur also gegen virtuosen Tiroler Bläsercharme.

Das Tiroler Blechbläser-Quintett R.E.T. Chamber Brass spannte gekonnt den Bogen vom Barock bis zu Werner Pirchner.  <span class="copyright">Fritz Jurmann</span>
Das Tiroler Blechbläser-Quintett R.E.T. Chamber Brass spannte gekonnt den Bogen vom Barock bis zu Werner Pirchner. Fritz Jurmann

Dabei: Die beiden so gegensätzlichen Ensembles schenkten einander nichts und zeigten sich auf fabelhaftem Niveau, wenn es um Bühnenpräsenz und künstlerische Qualität ging. Die schwedische Truppe umfasste mit je drei jungen Damen und Herren, stylisch wie aus dem Ei gepellt, alle Stimmbereiche vom mühelos höchsten Sopran bis zum traumhaft tiefen Bass, gesungen wurde durchwegs über Mikros in einer angenehmen Soundmischung. Dazu kamen Effekte einer verblüffenden Voice Percussion, Vocalisen und bewegungstechnische Kompetenz in sophisticated zelebrierten Choreografien. So faszinierte AORA mit schwedischem Repertoire, swingend und groovig mit aufregend schrägen Arrangements in close harmonies, lupenrein als echte Pop-Sangeskunst.

Im ersten Stock des Angelika-Kauffmann-Saales spielte das Blechbläserquintett R.E.T. Chamber Brass die Uraufführung der Auftragskomposition „Fanfare :alpenarte“ des Tiroler Komponisten Michael A. Leitner.  <span class="copyright">Fritz Jurmann</span>
Im ersten Stock des Angelika-Kauffmann-Saales spielte das Blechbläserquintett R.E.T. Chamber Brass die Uraufführung der Auftragskomposition „Fanfare :alpenarte“ des Tiroler Komponisten Michael A. Leitner. Fritz Jurmann

Einen breiten Bogen vom Barock bis in unsere Zeit spannten die zwei Damen und drei Herren des Brass-Ensembles. Sie wechselten für ein spätromantisches Werk des Russen Wiktor Ewald auf Instrumente der Saxhorn-Familie und erinnerten als Schwerpunkt an das verstorbene Tiroler Original Werner Pirchner mit seiner reichlich mit außermusikalischen Spezialeffekten versehenen Suite „Do you know Emperor Joe?“. Mit Popsongs wie „Send in the Clowns“ oder dem frühen „After you’ve gone“ traf man sich schließlich beim Repertoire der schwedischen Vokalisten. Abschließend überbrachte Intendant Matthias Honeck die Botschaft, dass es nach dem Erfolg dieser drei Tage in einem Jahr eine Neuauflage von :alpenarte geben werde, dann sogar um einen Tag erweitert.

Fritz Jurmann / Andreas Marte