Begeisterungsstürme im Feldkircher Dom

Das Abschlusskonzert der Montforter Zwischentöne übertraf kühnste Erwartungen.
Feldkirch Das Beste kommt oft zum Schluss. Jedenfalls hat man im voll besetzten Dom St. Nikolaus kaum einmal solche Begeisterungsstürme erlebt, wie sie nach dem Adventkonzert als Finale der diesjährigen Montforter Zwischentöne losbrachen.
Und da war sie wieder, eine dieser prägenden inhaltlichen Ideen der beiden Kuratoren Hans Joachim Gögl und Folkert Uhde, die dieses Festival seit Anbeginn spannend machen. Denn aus der Verbindung des hochrangigen heimischen Kammerchors Feldkirch unter Benjamin Lack mit dem international gekrönten Originalklangensemble Capella de la Torre ergab sich mit Musik der spanischen Renaissance ein zwingender Flow, der niemanden kaltgelassen hat. Advent auf Spanisch also.
Einzigartige Klangwelt
Auch so kann man sich auf Weihnachten einstimmen, auf besondere Weise und in einem Ambiente, das authentischer nicht sein könnte: Der Dom, in sanftes Rot-Lila gedimmt, atmet seine Vergangenheit seit der Gründung 1478 – das ist eben jene Zeit des 15. und 16. Jahrhunderts, in der auch die Mehrstimmigkeit und die später daraus entwickelte Kunst der Polyphonie in Spanien entstanden ist, wie sie hier imponierend zur Schau gestellt wird.
Eine Collage von Werken anonymer Komponisten bildet die Grundlage des einstündigen Programms. Die acht Capella-Musiker verstehen sich auf ihren Originalinstrumenten wie von selbst in dieser einzigartigen Klangwelt, so glaubhaft, ungezwungen und begeisternd wie ihr Umgang mit dieser Musik ist. Mit ihren teils scharfkantigen Blasinstrumenten, der grundierenden Orgel und Laute, der näselnden Schalmei der Leiterin Katharina Bäuml ergibt das in der harmonisch noch begrenzten Ausdrucksweise dieser Musikrichtung immer wieder neue, aufregende Klangmischungen. Sie bieten in Madrigalen, auch mit einem hartnäckigen Basso ostinato, die perkussiv geprägte Grundlage für zahlreiche Soloeinlagen der bewegungsfreudigen Margaret Hunter. Als professionell geschulte Sängerin packt sie in diesen vielfach tänzerischen, der Volksmusik abgelauschten Werken auch immer wieder ihre unverbildete, absolut vibratofreie Naturstimme aus und führt sie virtuos in schwindelnde Höhen.
Darin fast nahtlos verwoben und oftmals auch miteinander verbunden sind als kompakte Säulen vier- bis achtstimmige Motetten mit lateinischen Textvorlagen, die der Kammerchor Feldkirch unter Benjamin Lacks gewohnt kundiger und straffer Leitung schlank, wortdeutlich und klangsensibel umsetzt. Ein von diesem Chor selten gepflegtes Repertoire, das in seiner atemberaubenden Komplexität der spanischen Vokalpolyphonie besondere Anforderungen stellt. Der herausragende Spanier Thomás Luis de Victoria (1548 – 1611) bestimmt als führender Komponist seiner Zeit inhaltlich die Programmfolge mit marianisch geprägten Gesängen wie dem „Magnificat“ oder einem „Regina Caeli“. Dass dies gerade am Vorabend des Feiertages Mariä Empfängnis geschieht, empfinden gläubige Menschen als schöne Entsprechung.
Motetten wie „O Magnum Mysterium“ lassen im Advent bereits das Weihnachtsfest ahnen. Dazu hätte man sich als Besucher eines so gut dotierten Festivals freilich nicht bloß den verbreiteten Handzettel gewünscht, sondern fundierte Textinhalte, im besten Fall ins Deutsche übersetzt.