Der Stoff, aus dem die Träume sind

Die Koproduktion zwischen dem Theater St. Gallen und dem Komiktheater setzt mit “Der Sturm” ein starkes Zeichen für Inklusion.
St. Gallen Am Mittwochabend fand in der Lokremise St. Gallen eine bemerkenswerte Aufführung von Shakespeares „Der Sturm“ statt. Diese Premiere war nicht nur künstlerisch von hoher Qualität, sondern zeichnete sich auch durch die Integration von Schauspielerinnen und Schauspielern mit Beeinträchtigung aus, die erstmals gemeinsam mit Ensemblemitgliedern des Theaters auftraten. Diese Koproduktion zwischen dem Theater St. Gallen und dem Komiktheater, dem ersten professionelle Theater für Menschen mit Unterstützungsbedarf in der Ostschweiz, markierte einen wichtigen Schritt in Richtung Inklusion im Theater.

“Der Sturm” von William Shakespeare gilt als eines seiner faszinierendsten und zugleich rätselhaftesten Werke. Das um 1610 geschriebene Stück repräsentiert die Spätphase von Shakespeares Karriere, in der er sich verstärkt mit Themen wie Vergebung, Macht und der Natur des Menschen auseinandersetzte. „Der Sturm“ spielt auf einer abgelegenen Insel, auf die der rechtmäßige Herzog von Mailand, Prospero, und seine Tochter Miranda durch Verrat verschleppt wurden. Prospero, ein mächtiger Zauberer, beschwört einen Sturm herauf, um seine Feinde, die sich auf einem Schiff in der Nähe befinden, auf die Insel zu locken.

Die Darsteller des Komiktheaters, ausgebildet in einem einzigartigen zweijährigen Lehrgang, zeigten eine bemerkenswerte Leistung. Ihre Präsenz auf der Bühne war nicht nur ein Akt der künstlerischen Darstellung, sondern auch ein kraftvolles Statement für Inklusion und Vielfalt im Theater. Die Schauspieler brachten eine frische, authentische und tiefgründige Interpretation ihrer Rollen. Ihre Darbietungen waren so fesselnd, dass die Beeinträchtigungen in den Hintergrund traten und die Zuschauer in eine Welt eintauchten, in der nur die Kunst und die menschliche Ausdruckskraft zählten. Jeder Schauspieler, ob mit oder ohne Beeinträchtigung, trug auf seine Weise zu einem Gesamtbild bei, das reich an Emotionen, Tiefe und Menschlichkeit war.

Regisseur Michel Schröder schöpft aus den individuellen Stärken und Persönlichkeiten seines Ensembles, um eine Inszenierung zu schaffen, die Darsteller und Zuschauer gleichermaßen in den kreativen Prozess einbezieht. Die Inszenierung fordert das Publikum heraus, eine eigene Interpretation des Stückes zu entwickeln. Dieser Ansatz spiegelt sich in der Vielschichtigkeit des Stückes wider, das für seine zahlreichen Interpretationsmöglichkeiten bekannt ist und eine Fülle von Thesen und Gegenthesen bietet, die durch die Figuren und ihre Dialoge zum Leben erweckt werden.

Der Zuschauer wird mit einer Welt konfrontiert, in der jede Figur ihre eigene Vorstellung davon hat, was auf einer einsamen Insel passieren sollte oder wie die Welt beschaffen ist. Diese unterschiedlichen Perspektiven führen zu Konflikten und Widersprüchen, die zum Teil ungelöst bleiben oder sich durch zufällige Wendungen und spontane Vergebung auflösen.

Das Ensemble, bestehend aus Joy Käser, Florian Nef, Silas Obertüfer, Cornelia Rach, Joanna Rohner, Tabea Buser, Christian Hettkamp und Pascale Pfeuti, beweist, wie gut künstlerische Zusammenarbeit über Unterschiede hinweg funktionieren kann.

Diese Aufführung ist ein Zeugnis dafür, wie Kunst Grenzen überwinden und Menschen verbinden kann, und zeigt die Möglichkeiten, die entstehen, wenn Vielfalt und Talent Hand in Hand gehen. Ein Abend, der die Bedeutung und Notwendigkeit von Inklusion in der Kunst und im Leben unterstreicht.

“Der Sturm”
Vorstellungen
So, 14.01., 17 Uhr
Di, 16.01.
Sa, 20.01.
Mo, 22.01
So, 28.01.
Di, 30.01.
Fr, 2.02.
Mi, 7.02.
Jeweils 20 Uhr