Warmer Weihnachtsnachzügler mit Nostalgiefaktor

Kultur / 25.01.2024 • 19:03 Uhr
Paul Hunham sitzt an Weihnachten mit einem aufsässigen Schüler und einer trauernden Köchin fest. ap
Paul Hunham sitzt an Weihnachten mit einem aufsässigen Schüler und einer trauernden Köchin fest. ap

Film über die Schönheit des Menschseins gilt als einer der Oscar-Favoriten.

Komödie, Drama Mit „Sideways“ feierte Alexander Payne vor fast 20 Jahren seinen größten Erfolg, für den er mit dem Oscar ausgezeichnet wurde. Vielleicht ist Paul Giamatti, der als bester Darsteller nominiert ist, sein Ass im Ärmel. Die Geschichte seiner neuen Tragikomödie stammt, wie Payne offen zugegeben hat, aus Marcel Pagnols nur wenig bekannten, französischen 1935er-Film „Merlusse“, aber der amerikanische Regisseur verpflanzt sie ins Neuengland des Jahres 1970. Der glupschäugige Paul Giamatti spielt Paul Hunham, einen brummigen Geschichtslehrer in einem Internat, wo er die Söhne der Reichen und Mächtigen unterrichtet. Der Schulcampus ist mit Schnee bedeckt. Die Innereien des Internats triefen vor Privilegien.

Menschenverächter

Paul Hunham kann seine Verachtung gegenüber der heranwachsenden Elite Amerikas nicht verbergen. Wenn ein Schüler wegen einer schlechten Note protestiert: „Sir, ich kann in diesem Fach nicht durchfallen!“, antwortet der Lehrer mit einem grausamen Grinsen: Sein Paul ist ein Menschenverächter, ein Grinch, der sich, wie wir nach und nach begreifen, selbst mehr hasst als alle anderen.

Weil bald Weihnachten ist, wird Mr. Hunham dazu verdonnert, über die Feiertage die sogenannten „Holdovers“ zu betreuen, eine Handvoll Burschen, die nicht nach Hause können – die Strafe dafür, dass er den Sohn eines Senators hat durchfallen lassen. Aber als die übrigen Schüler durch einen glücklichen Zufall mit einem Helikopter zum Skifahren abgeholt werden, bleibt nur der aufbrausende Angus (Newcomer Dominic Sessa) zurück, den seine Mutter nicht im Urlaub dabeihaben will. Zu den beiden gesellt sich Mary, die afroamerikanische Leiterin der Schulkantine, wunderbar gespielt von Da’Vine Joy Ran­dolph. Alle drei trauern um den Verlust von etwas, sei es ein geliebter Mensch oder ein Leben, das unerfüllt geblieben ist. Das mag alles wahnsinnig schmalzig klingen. Ein Film, in dem sich drei verlorene Seelen finden, kann in seiner Empathie fast radikal wirken, und Payne schlittert gerade noch am Kitsch vorbei. Liebenswertes, tragikomisches Retrokino mit hohem Wohlfühlfaktor.

The Holdovers

Regie Alexander Payne

Darsteller Paul Giamatti, Da’Vine Joy Randolph, Dominic Sessa, Carrie Preston, Brady Hepner

Start 25. Jänner