Er will ein vorarlberg museum für alle

Das vorarlberg museum als ein lebendiger Teil der Gemeinschaft, das ist das Ziel von Michael Kasper.
Bregenz Michael Kasper, der neue Direktor des vorarlberg museums, hat sich viel vorgenommen. In einem ausführlichen Gespräch erläutert er seine Visionen und Ziele, die er in seiner neuen Funktion verfolgt. Kasper, der zuvor für Kulturprojekte im Montafon verantwortlich war, bringt viel Erfahrung und klare Vorstellungen mit, wie sich das Museum weiterentwickeln soll.

Frage: Herr Kasper, was hat Sie bewogen, die Leitung des vorarlberg museums zu übernehmen?
Kasper: Die Entscheidung, mich für die Stelle des Direktors zu bewerben, ist nicht über Nacht gefallen. Ich habe in den letzten zwölf Jahren in einer ähnlichen Funktion auf regionaler Ebene gearbeitet und dabei viele Erfahrungen sammeln und ein kulturgeschichtliches Netzwerk aufbauen können. Das vorarlberg museum mit seinem breiten Spektrum von der Archäologie bis zur Zeitgeschichte, von der Kunstgeschichte bis zur Volkskunde bietet die idealen Voraussetzungen, diese Arbeit mit einem äußerst kompetenten Team in einem größeren Maßstab fortzusetzen. Ich sehe es als spannende Herausforderung, das Museum noch stärker als einen Ort zu etablieren, der für möglichst viele Menschen im Land zugänglich ist und aktiv mit ihnen interagiert.

Wie wollen Sie das Museum inklusiver gestalten und neue Besuchergruppen ansprechen?
Kasper: Ein inklusives Museum zu entwickeln bedeutet für mich, Hürden und Barrieren abzubauen und das Museum zu einem Ort zu entwickeln, der für möglichst viele unterschiedliche Gruppen bedeutsam und erreichbar ist. Dazu gehört, dass wir uns nicht nur darauf konzentrieren, Besucher in unsere Räumlichkeiten zu bringen, sondern auch aktiv nach außen gehen. Wir sollten die Geschichten und Expertisen der Menschen im Land in unsere Arbeit integrieren. Das bedeutet auch, die Vielfalt unserer Gesellschaft in den Aktivitäten widerzuspiegeln und Programme anzubieten, die verschiedene Gruppen ansprechen. Eine Zugänglichkeit in allen Formen – physisch, sprachlich, kulturell – ist dabei ein zentraler Aspekt.

Sie sprachen davon, Kunst und Kultur direkt zu den Menschen zu bringen. Wie stellen Sie sich das vor?
Kasper: Das kann auf verschiedene Weise geschehen. Eine Möglichkeit ist, mit Objekten aus dem Museum ins Land hinauszugehen und mit Einrichtungen vor Ort zusammenzuarbeiten. Dabei geht es aber nicht nur um die Präsentation von Objekten, sondern auch darum, unser Wissen und unsere Leidenschaft für Kulturgeschichte zu vermitteln. Das Team des Museums sollte mit seinen Kompetenzen vermehrt in Schulen, in Betrieben oder in öffentlichen Einrichtungen mit Vorträgen, Workshops oder Diskussionsrunden präsent sein. Es geht darum, vor Ort Berührungspunkte zu schaffen und zu zeigen, dass das Museum ein aktiver Teil der Gesellschaft ist.

Welche ersten Initiativen planen Sie, um diese Ziele zu erreichen?
Kasper: Eine der ersten Initiativen unter meiner Verantwortung wird die Zusammenarbeit mit dem Gemeindeverband im Rahmen der heurigen Flurreinigung sein. Im Frühjahr wollen wir unter dem Titel „Vom Aufheben“ das Problem des Wegwerfens thematisieren und zugleich gemeinsam überlegen, welches Verhältnis wir zu den Dingen haben und wie wir mit unserer Umwelt umgehen. Eine kleine, aber wichtige Intervention mit Objekten aus der Landschaftsreinigung in der Dauerausstellung verweist auf wichtige Fragestellungen wie etwa jene nach dem Sammeln der Gegenwart. Was sollten wir heute jenseits der zeitgenössischen Kunst sammeln, um etwas zu bewahren, das Vorarlberg und die hier lebenden Menschen repräsentiert und für künftige Generationen von Bedeutung sein könnte. Es gibt erste Überlegungen, diese Idee weiterzuentwickeln und eventuell in ein größeres Projekt münden zu lassen. Jedenfalls wollen wir zum Abschluss der Aktion den vielen Ehrenamtlichen der Flurreinigung für ihr Engagement im Rahmen einer Veranstaltung danken. Darüber hinaus möchten wir das Museum als Ort der Begegnung und des Austauschs stärken, indem wir die Interaktion mit unseren Besuchern intensivieren und innovative Vermittlungsformate entwickeln.

Wie wollen Sie Schulen und Jugendliche für das Museum begeistern?
Kasper: Eine vorbildliche Initiative in diesem Bereich ist bereits das „Museums-Abo“, mit dem Schülerinnen und Schüler einen Blick hinter die musealen Kulissen werfen und selbst zu Experten für Museumsarbeit werden können. Wir wollen auf die Jugendlichen zugehen und verdeutlichen, dass sie selbst etwas zu unserem Tun beitragen können. Indem wir ihnen Verantwortung übertragen und sie aktiv in Projekte einbinden, schaffen wir eine Verbindung, die weit über den klassischen Museumsbesuch hinausgeht.

Sehen Sie Kooperationsmöglichkeiten mit anderen Museen oder Kultureinrichtungen?
Kasper: Auf jeden Fall. Die Zusammenarbeit mit anderen Museen, insbesondere in der Bodenseeregion, ist mir ein großes Anliegen. Wir haben eine gemeinsame Geschichte und Kultur, die nur künstlich durch Grenzen getrennt ist. Historisch gesehen gab es immer enge Kontakte zu allen Nachbarregionen. Durch Kooperationen können wir unsere Ressourcen bündeln, voneinander lernen und gemeinsame Projekte realisieren, welche die gesamte Region als Kulturraum stärken. Sehr positiv sehe ich überdies, dass hinkünftig mehr Museen im Land eine einheitliche Museumsdatenbank verwenden werden.

Wie sehen Sie die Rolle zeitgenössischer Vorarlberger Künstlerinnen und Künstler im Museum?
Kasper: Zeitgenössische Kunst aus Vorarlberg ist ein wesentlicher Teil unserer kulturellen Identität. In thematischen Ausstellungen können künstlerische Interventionen gesellschaftliche Phänomene hinterfragen oder konventionelle Geschichtsverständnisse dekonstruieren. Außerdem möchten wir Vorarlberger Künstler und ihre Werke weiterhin in den Mittelpunkt rücken, etwa durch Ausstellungen im Atrium unseres Museums, das ohne Eintritt zugänglich und sehr nah am öffentlichen Raum ist. Dort situierte Ausstellungen bieten einen niederschwelligen Zugang zur Kunst und zeigen gleichzeitig die Vielfalt und Dynamik der regionalen Kunstszene.