Linien sind wichtiger als Volumen

Christoph Dahlhausen präsentiert seine neusten Werke in der Galerie c.art, Prantl & Boch.
Thomas Schiretz
Dornbirn Seine Arbeiten bezeichnet der 1960 in Bonn geborene Künstler als Malerei. „Für mich ist das Malerei, der skulpturale Aspekt in meinen Arbeiten ist für mich irrelevant“, so Dahlhausen.

Ihn interessiert, was Farbe mit Licht macht, denn Farbe ist ohne Licht nicht wahrnehmbar. Und dann gibt es noch den Rezipienten, die individuelle Wahrnehmung des jeweiligen Betrachters, durch den sich die präsentierten Werke, je nach Standort, stetig verändern. Monochrome Flächen spiegeln den Betrachter oder den Raum, sind ständig „im flow“, sie sind entrückt und stehen nur für sich selbst, gehen restlos in sich selbst auf.

Auf den ersten Blick scheinen sie uniform zu sein, erst nach und nach offenbaren sie ihre eigentliche Identität. Es ist eine entschleunigte Kunst, mit der uns Dahlhausen konfrontiert. Am ehesten könnte man den amerikanischen Maler Robert Ryman (1930-2019), der als Vertreter der Analytischen Malerei gilt, als eines seiner künstlerischen Vorbilder nennen, dessen Werke keine außerkünstlerischen Inhalte, sondern die Grundstruktur jeglicher Malerei aufzeigen: dass ein Bild in letzter Konsequenz nichts anderes ist, als das Ergebnis eines Vorgangs, in dem ein Farbmittel durch einen Pinsel auf ein Trägermaterial aufgebracht wird. Wie bei Ryman zeigen auch Dahlhausens Arbeiten Farbnuancen und verschiedene Farbintensitäten, die letztlich vom malerischen Werkzeug abhängen, verweisen über sich hinaus. Das gefältelte, durchbrochene Alublech, das seinen Arbeiten eine „Begrenzung“ vorgibt, lässt um seine Bilder herum einen Strahlenkranz (Corona) entstehen, und tragen dadurch zu einer weiteren Entrückung bei.

Dahlhausen „zwingt“ den Betrachter seiner Werke nicht nur zum Schauen/Sehen, seine Arbeiten verlangen nach Wahrnehmung. Humorvolles und Grenznarzisstisches bietet er an. Allein schon der Titel seiner Ausstellung „Auch Grünkohl verbessert das Sehen“ verweist in diese Richtung; tatsächlich verbessert Lecithin und Vitamin A, wissenschaftlich erwiesen, die Sehkraft, vielleicht auch die Wahrnehmung? Aber auch Kunst verbessert das Sehen und die Wahrnehmung, es geht um Auseinandersetzung mit Schein- und Istzuständen, genauso wie es um Kontextualisierung und Ästhetisierung geht. Wie zum Beispiel in seiner Werkgruppe „Small Windows“ (2022/23), in der Dahlhausen alte, ausgediente Fotofilter zu- und aneinander arrangiert, Assoziationen zu alten Butzenscheibenfester und Bleiverglasungen drängen sich auf, eine Lichtmystik erzeugend, die an gotische Maßwerkfenster französischer Kathedralen erinnert, das Licht als Quelle aller Schönheit und wie es Platon formulierte „als Schöpfer der Sichtbarkeit aller sichtbaren Dinge“. Licht hat aber auch mit Erkenntnis zu tun, das Seiende zu erfassen. Genau in dieser Kontextualität bewegen sich die Arbeiten Dahlhausens.

Selbstredend kann man bei Dahlhausens Arbeiten „Placing Colours and Lights“ (2023), „Placing Colours and Licht III“ (2023) und „Reflecting Light and Space” (2022) von Skulpturen sprechen, aber eigentlich ist es genuine Malerei, teils frei im Raum positioniert, eine von herkömmlichen Mustern genüsslich befreite. Eine Malerei, die sich nicht aus zeichnerischen Abläufen ergibt, der erzählende Bildcharakter wird aufgelöst, der malerische Bildcharakter, ja die Farbe bildet die Klimax. Der Schwebezustand und das rastlos Quellende, die Metamorphose, sind die souveräne Signatur, das Credo des Kunstverständnisses und der Ästhetik von Christoph Dahlhausen. Kunst ist Behauptung in Form!
c.art, Prantl & Boch
Christoph Dahlhausen
Auch Grünkohl verbessert das Sehen
21.2.-20.4.2024
www.c-art.at