Ballet Preljocaj begeistert mit Tanztrilogie

Kultur / 11.03.2024 • 09:59 Uhr
Bregenzer Frühling
Das Ballet Preljocaj bot eine Trilogie, die weit über traditionelle Tanzaufführungen hinausging. udo mittelberger

Eröffnung des Bregenzer Frühling 2024.

Bregenz Das Ballet Preljocaj – CCN d’Aix-en-Provence, eröffnete den Bregenzer Frühling am Samstagabend im Festspielhaus mit einer Trilogie, die weit über traditionelle Tanzaufführungen hinausgeht.

Bregenzer Frühling
Von der sakralen Ekstase über die meditative Stille bis zum rituellen Aufruhr zeigte Preljocaj die Vielfalt seiner Sprache. udo mittelberger

„Annonciation“, ein Stück, das 1995 uraufgeführt und zwei Jahre später mit dem New Yorker Bessie Dance Award ausgezeichnet wurde, ist ein herausragendes Beispiel für Preljocajs Talent, biblische Erzählungen in kraftvolle zeitgenössische Choreografien zu verwandeln.

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Die Musik von Antonio Vivaldi, kombiniert mit den zeitgenössischen Klängen von Stéphane Roy, schafft eine sakrale Atmosphäre, die den Moment der Unbefleckten Empfängnis umrahmt. In diesem Duett zwischen dem Engel und der Jungfrau Maria wird die Kraft dieser göttlichen Begegnung durch eine Choreografie dargestellt, die sowohl Ekstase als auch Schmerz einfängt.

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Die Entscheidung, den Engel als Frau darzustellen, fügt eine weitere Ebene der Komplexität hinzu und fordert traditionelle Interpretationen heraus. Die Tänzerinnen mit ihrer kontrollierten Annäherung und ihren intensiven, fast skulpturalen Posen verkörpern eine sinnliche und spirituelle Begegnung, die weit über das Religiöse hinausgeht und universelle Fragen von Körperlichkeit und Spiritualität berührt.

Bregenzer Frühling
„Noces“ ist inspiriert von Strawinskys Komposition. udo mittelberger

In „Torpeur“ wird das Konzept der Lethargie nicht nur als Zustand der Trägheit, sondern auch als Raum für Reflexion erforscht. Die Produktion zeichnet sich durch ein minimalistisches Bühnenbild und präzise Lichteffekte aus, die dazu einladen, die Stille zu erkunden, die für einige Minuten auf der Bühne herrscht.

Bregenzer Frühling
Die Schönheit der Stille in “Torpeur”. udo mittelberger

Die Choreografie bewegt sich zwischen fließender Anmut und abruptem Stillstand und reflektiert so die menschliche Erfahrung der Trägheit und betrachtet Langsamkeit und Selbstreflexion als bereichernde Aspekte des Lebens. „Torpeur“ dient als Meditation über die Bedeutung der Ruhe in einer hektischen Welt und bietet die Möglichkeit, in Momenten der Stille persönliche Einsichten zu gewinnen.

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„Noces“, inspiriert von Strawinskys genialer Partitur und Preljocajs Erinnerungen an traditionelle Balkanhochzeiten, ist eine kraftvolle Darstellung von Liebe, Gemeinschaft und Unterwerfung. Die Choreografie, die Folklore und modernen Tanz verbindet, zeigt einen vitalen Tanz, der die Zuschauer mit seiner Intensität und seinem Tempo in seinen Bann zieht. „Noces“ thematisiert Zwangsheirat und bietet eine kritische Reflexion über traditionelle Geschlechterrollen und Machtstrukturen. Die Aufführung ist schockierend in ihrer Wucht und atemberaubend in ihrer Schönheit, trotz der Gewalt in jeder Geste.

FRANCE-DANCE-PORTRAIT
Angelin Preljocaj ist ein Meister seines Fachs.JOEL SAGET / AFP

Die Tänzerinnen, gekleidet in fast kindliche Gewänder aus wirbelndem Samt, passend zu den raumhohen, purpurroten Samtvorhängen, verkörpern die Stärke und Wut der Opfer in ihrem Versuch, ihrem Schicksal zu entkommen. Doch trotz der Darstellung der Versklavung junger Mädchen durch ältere Männer wirken die Tänzerinnen kämpferisch und unbeugsam und zeugen von ihrer Unbezwingbarkeit. „Noces“ ist ein eindringlicher und komplexer Tanz, der auch ein gewisses körperliches Risiko mit sich bringt: weite Sprünge, das Klettern auf Bänke und das völlige Loslassen, um sich von oben in die Arme des Partners zu werfen.

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“Noces“ ist ein eindringlicher und komplexer Tanz. udo mittelberger

Die Trilogie von Angelin Preljocaj ist eine meisterhafte Demonstration seiner Fähigkeit, tiefe menschliche Erfahrungen und Emotionen durch den Tanz zu erforschen. Von der sakralen Ekstase in „Annonciation“ über die meditative Stille in „Torpeur“ bis zum rituellen Aufruhr in „Noces“ zeigt Preljocaj die Vielfalt seiner Sprache.

Nächste Vorstellung:

Fouad Boussouf

Fêu

Samstag, 16. März 2024, 20 Uhr

Festspielhaus Bregenz