Wie der Hase zum Ei kam

Mit „Das Rote vom Ei“ beschenken sich „die heroldfliri“ mit einer tagesaktuellen Uraufführung.
Feldkirch Treffen sich Mutter und Tochter im Wartezimmer der Abtreibungspraxis… Was wie der Anfang einer humoristischen Einlange klingt, ist die Eröffnungsszene von „Das Rote vom Ei“. Es ist das aktuelle und insgesamt 15. gemeinsame Projekt der Theatermacherinnen Barbara Herold und Maria Fliri, die sich damit im Alten Hallenbad in Feldkirch gleichzeitig eine Uraufführung schenken. Und ja, es geht um Abtreibung und ja, man darf an diesem Abend auch lachen, wenn auch manchmal mit kleineren Einschränkungen.

Warum? Abtreibung ist ein großes Thema. Diesem Thema in 90 Minuten Theater umfassend gerecht werden zu wollen, das wäre wohl ein Kunststück, das niemand zu leisten vermag. Diesen Anspruch erheben Herold und Fliri aber auch nicht. Und so wird das Stück, das sich aus drei Einheiten zusammensetzt, zu einem Schlaglicht auf ein großes Thema, zu einem Diskussionsbeitrag.

Zurück nun aber ins Wartezimmer. Sonnenbrille, Trenchcoat – ganz klar, hier will man nicht erkannt werden. Aber der Zufall will es, dass zur selben Zeit Mutter und Tochter auf ihren Schwangerschaftsabbruch warten. Und dann wird es – in diesem Text von Gabriele Kögl – wunderbar skurril. Bigotterie und Scheinheiligkeiten entlarven sich gnadenlos. Herrlich, wie scheinbar moralisch motiviertes Handeln als Deckmantel für übergriffiges Verhalten vorgeführt wird.

Einen Theaterschauplatz weiter findet man sich im Text von Grischka Voss wieder. Frau Mümmel ist schwanger. Sie hat aber schon einen Sohn und die Menopause ist auch in Sicht. Frau Mümmel trägt übrigens überdimensionale Hasenohren – nomen est omen. Geht es für die Frau tatsächlich „nur“ darum, Nachwuchs in die Welt zu setzen? Und was ist, wenn sie nicht will? Das sind Fragen, die Voss und damit die Theatercompagnie „dieheroldfliri“ stellen. Sie zeigen starre Rollenbilder auf, die sich nur zäh bewegen und dekonstruieren sie damit. Das gelingt ihnen übrigens sehr gut.

Szenenwechsel. Abtreibungsklinik zum Dritten. Dieses Mal steckt Gertraud Klemm hinter dem Text (man kennt sie von „dieheroldfliri“ mit ihrem Frauen- und Gesellschaftsstück „Aberland“ bereits). Jetzt lässt sie eine junge Frau auf ihren Abtreibungstermin warten. Eine Reinigungskraft macht in der Zwischenzeit sauber und klappt dabei ein bisschen die „Geschichte der Frau“ auf. Da bekommen die „Alten Griechen“ ihren Auftritt, da schwingt die Kirche die Moralkeule und da erklärt der Arzt selbstgefällig, zu welchen Kunstwerken sie doch fähig sind. Das wirft Fragen auf nach Zuschreibungen an das „Weibliche“. Das letzte Wort gehört hier dann der grotesk zugespitzten Standortbestimmung des weiblichen Ichs: „Am Schluss entscheiden immer noch wir.“ Der Zweifel daran ist nicht von der Hand zu weisen.

Was den Abend trägt, ist die schauspielerische Leistung Sarah Zaharanskis, Peter Boceks und Maria Fliris. Die können das. Caro Stark bereitet ihnen mit Bühne und Videosequenzen ein tolles Parkett. Kompliment. Die humorvoll treffenden Kostüme von Bettina Henning und die ordnende Regie von Barbara Herold machen die Sache rund.

Natürlich hat das Stück eine „Schlagseite“. Es ist ein Diskussionsbeitrag, der Fragen stellt. Antworten muss es keine geben, der Denkanstoß – meist fein ausformuliert, manchmal etwas platt – reicht völlig aus.
Veronika Fehle
„Das Rote vom Ei“
„Das Rote vom Ei“ ist noch am 16. / 19. / 20. / 21. und 22. März, jeweils 20 Uhr und am 17. März, 17 Uhr, im Alten Hallenband in Feldkirch zu sehen. Dauer: rund 90 Minuten, keine Pause.