Zeigt, wo Bartle den Most holt

Kultur / 06.09.2024 • 14:20 Uhr
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Die Geigerin Johanna Pichlmair ist Mitglied im Orchester der Berliner Philharmoniker. fritz jurmann

Dirigent Christoph Eberle setzt mit seinen Quarta-Musikern zu neuen Höhenflügen an.


SCHWARZENBERG Das hat man bei der Quarta-Vier-Länderphilharmonie in einer so genialen Konzeption seit ihrer Gründung noch nie erlebt. Zwei Giganten des klassisch-romantischen Repertoires, Beethoven und Schubert, in zwei jeweils 50-minütigen zentralen Werken einander gegenübergestellt und miteinander vernetzt, fordern den diesmal aus bis zu 80 jungen Musikern aus der Region bestehenden Klangkörper rein kräftemäßig bis aufs Äußerste. Sie ergeben ein großes, spannendes symphonisches Ganzes von zweieinhalb Stunden Dauer, lassen aber auch die außerordentlichen Qualitätsansprüche eines überzeugenden Profiorchesters erkennen.

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Die Quarta Beethoven-Besetzung mit Johann Pichlmair und Dirigent Christoph Eberle. fritz jurmann

Dass ihr Gründer und musikalische Leiter Christoph Eberle diese Leistung auf gleichbleibendem Niveau en bloc gleich an fünf Abenden hintereinander von seiner Quarta einfordert, ist kaum zu glauben. Wenn man freilich am zweiten Abend der Reihe im gut besuchten Angelika-Kauffmann-Saal in die begeistert mitfiebernden Gesichter der Youngsters zwischen 17 und 25 Jahren blickt, wie sie hoch motiviert, in fünf Tagen perfekt geprobt, voll Spielfreude und Enthusiasmus an ihre Aufgabe herangehen, weiß man: Das kann nur gut gehen! Eberle kennt auch genau die Grenzen des Machbaren, um zu fordern, aber nicht zu überfordern: „Wir spielen die großen Werke der Musikliteratur, nicht Studienwerke wie andere im Land!“ verkündet er selbstbewusst vor Beginn. Und: „Wir verändern uns ständig, weil nach jeder Produktion der eine oder die andere den Weg in ein großes Orchester findet. Das gibt uns Mut.“

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Junge Orchestermusiker bei den Violinen. fritz jurmann

Gleich am Beginn gesellt sich als Solistin für Beethovens einziges Violinkonzert die aus Judenburg in der Steiermark stammende Johanna Pichlmair, 34 und dank ihrer exzellenten geigerischen Fähigkeiten bereits vielfach international bewundert und aktives Mitglied der Berliner Philharmoniker. Sie fügt sich als Teil des Ganzen ein, in engem Kontakt mit Eberle und den Musikern, will nicht durch Äußerlichkeiten glänzen, sondern durch ihre innere Haltung, die geistige Kontur und das Format Beethovens, die die Zuhörer bewegen. Gleichwohl ist ihr eine blitzsaubere Intonation ebenso selbstverständlich wie der silberhell strahlende Ton ihrer wunderbar farbenreichen Camillo Camilli von 1734 in Mantua und die fantasievolle Ausleuchtung der Kadenzen. Es ist eine Wonne, ihr zuzusehen und zuzuhören, wie elegant und auswendig sie das alles meistert. Der Jubel des total hingerissenen Wälder Publikums danach ist unbeschreiblich, ihre Zugabe ein virtuoser Satz aus einer Violinsonate von Ysaye.

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Ist hier noch die Solistin im Mittelpunkt gestanden, so dominiert in der folgenden „Großen C-Dur“-Symphonie von Franz Schubert der Dirigent Christoph Eberle. Zeigt wieder mal, wo „Bartle den Most holt“, wie man in seiner engeren Heimat gerne sagt, und wer trotz anfänglicher Unkenruf bei seinem Projekt nun am längeren Ast sitzt. In diesem Werk ist er in seinem Element, disponiert auswendig die blockartig kompakten Register zu- und gegeneinander und erreicht plastisch kraftvolle, kontrastreiche und effektvolle Wirkungen ganz im Sinne des Erfinders. Eberle hat das einstündige Werk vernünftig auf 50 Minuten verknappt und gestaltet auch die berühmten „himmlischen Längen“ darin so berückend und spannend, dass man glatt die Zeit vergisst. Dabei wird die Symphonie gerade auch in diesem akustisch ausgezeichneten Saal, wo man zuvor noch sehr viel Schubert in Kammermusik, Klaviermusik und Liedern aus Meisterhand gehört hat, fast zu einem Nachklang auf die Schubertiade in einer Besetzung, die man beim Festival seit Jahren vermisst. Auch hier kennt der Jubel keine Grenzen, kein Anschein von Ermüdung diesseits und jenseits der Rampe. Und so ist auch die Zugabe zwar kurz, aber besonders und innig, eine landschaftsbezogene, von allen gemeinsam gesungene Version des alpenländischen Volksliedes „Da drunten im Tale“.

FRITZ JURMANN

Weitere Konzerte: 7. September 19.30 Uhr Feldkirch, Montforthaus; 8. September 18.00 Uhr St. Gallen, Tonhalle