Klangliche Perfektion und Ausdruckskraft

Jerusalem Quartet begeistert bei der Schubertiade in Hohenems.
Hohenems Das Jerusalem Quartet, eines der weltweit führenden Streichquartette, gastierte in Hohenems und hinterließ bei den Zuhörern einen bleibenden Eindruck. Das 1993 gegründete Ensemble hat sich durch seine außergewöhnliche Klangkultur und sein ausgeprägtes musikalisches Verständnis einen festen Platz in der internationalen Kammermusikszene erobert. Das Konzert war geprägt von technischer Perfektion, gepaart mit intensiver Ausdruckskraft, die die Werke der klassischen Streichquartettliteratur in einem besonderen Licht erscheinen ließ.

Der Nachmittag begann mit Joseph Haydns Streichquartett B-Dur op. 50/1, dessen Eleganz und Klarheit das Ensemble auf bemerkenswerte Weise zur Geltung brachte. Besonders beeindruckend war, wie die Musiker Haydns kunstvolle Variationen über das lyrische Hauptthema atmosphärisch entfalteten. Die Dialoge zwischen den Instrumenten waren von einer fast intimen Harmonie geprägt, die das Publikum vom ersten Ton an in ihren Bann zog. Das tänzerische Finale voller Leichtigkeit und Schwung spiegelte Haydns Fähigkeit wider, Strenge und Verspieltheit in einer einzigartigen Balance zu vereinen. Das Jerusalem Quartet verstand es, diese Balance auf höchstem Niveau zu verkörpern.
Mozarts Streichquartett in C-Dur, KV 465, das sogenannte „Dissonanzenquartett“, folgte als zweites Werk des Nachmittags. Schon in der spannungsgeladenen Einleitung schuf das Ensemble eine Atmosphäre, die verwirrte und zugleich fesselte – ganz im Sinne Mozarts. Die kontrastreichen Klangfarben, die dieses Quartett auszeichnen, wurden mit feinem Gespür für Mozarts außergewöhnliche Harmonik umgesetzt. Besonders das strahlende Allegro nach der düsteren Einleitung unterstrich die Meisterschaft des Komponisten. Die Virtuosität jedes einzelnen Quartettmitgliedes trat hier deutlich hervor, stand aber immer im Dienst des musikalischen Ganzen. Mozarts Polyphonie, die Strenge mit expressiver Emotionalität verbindet, wurde in der Interpretation des Jerusalem Quartet zu einem eindrucksvollen Erlebnis.

Nach der Pause präsentierte das Ensemble Antonín Dvořáks Streichquartett G-Dur op. 106. Dieses Spätwerk des tschechischen Komponisten, das kurz nach seiner Rückkehr aus den USA entstand, zeugt von Dvořáks tiefer Verwurzelung in der böhmischen Musiktradition. Mit lebendiger Leichtigkeit und reichem Melodienfluss ließ das Jerusalem Quartet Dvořáks meisterhafte Kompositionskunst lebendig werden. Besonders im zweiten Satz, der von poetischen und volkstümlichen Klängen durchzogen ist, gelang es dem Ensemble, die lyrischen Elemente feinfühlig herauszuarbeiten. Das tänzerische Scherzo sprühte vor Energie, während das Finale mit seiner Harmonie und seinem Optimismus den krönenden Abschluss des Abends bildete.
Insgesamt hinterließ das Jerusalem Quartet in Hohenems ein unvergessliches Konzerterlebnis, das die makellose Interpretation und das intensive musikalische Empfinden des Ensembles eindrucksvoll unter Beweis stellte.