Die Klangbilder Böhmens meisterhaft interpretiert

Kultur / 25.11.2024 • 13:41 Uhr
Bregenz am 24.11.2024 SOV Symphonie Orchester Vorarlberg, Konzert Nr.3, Dirigent Leo McFall
Mit klanglicher Präzision und gestalterischer Stringenz gelang dem Symphonieorchester Vorarlberg eine überzeugende Interpretation des Zyklus. dietmar mathis (6)

SOV mit Bedřich Smetanas „Mein Vaterland“ im Bregenzer Festspielhaus.

Bregenz Bedřich Smetanas „Má vlast“ („Mein Vaterland“) zählt zu den größten Meisterwerken der romantischen Musik und ist zugleich ein leidenschaftliches Bekenntnis zur böhmischen Heimat. Der sechsteilige Zyklus, der zwischen 1874 und 1879 entstand, lädt zu einer musikalischen Reise durch die Landschaften, Mythen und historischen Ereignisse Böhmens ein. Dass Smetana dieses visionäre Werk trotz völliger Taubheit vollendete, verleiht ihm eine fast übermenschliche Dimension. Das Symphonieorchester Vorarlberg (SOV) unter der Leitung von Chefdirigent Leo McFall präsentierte am Sonntag eine Interpretation, die den Zyklus mit klanglicher Präzision und gestalterischer Stringenz überzeugend darbot.

Bregenz am 24.11.2024 SOV Symphonie Orchester Vorarlberg, Konzert Nr.3, Dirigent Leo McFall
Das Konzert am Sonntag endete mit minutenlangen Standing Ovations.

Vier majestätische Harfenakkorde, präzise und fast sakral intoniert, eröffneten einen Klangkosmos von poetischer Tiefe. McFall ließ die musikalischen Themen der mythischen Burg über Prag mit feinem Gespür für Dynamik und Farben erblühen. Die Harfen, prägnant und schwebend zugleich, schufen ein Fundament, das die majestätische Atmosphäre des Werkes einleitete.

Bregenz am 24.11.2024 SOV Symphonie Orchester Vorarlberg, Konzert Nr.3, Dirigent Leo McFall

Nach dieser Einführung wandte sich die Interpretation in der berühmten „Moldau“ den dynamischen Fließbewegungen des Flusses zu. McFall zeichnete den Lauf des Flusses in meisterhaft modellierten Klangstrukturen nach, die die Vielfalt der Landschaft und der Geschichte Böhmens musikalisch erlebbar machten. Von den sanften Quellen der Moldau über die majestätischen Strömungen bis hin zu den beschwingten Tänzen auf den Flusswiesen gelang es dem Orchester, jede Phase dieser Reise plastisch darzustellen.

Bregenz am 24.11.2024 SOV Symphonie Orchester Vorarlberg, Konzert Nr.3, Dirigent Leo McFall

Die musikalische Umsetzung der Legende um die rebellische, männermordende Titelfigur im düsteren dritten Satz forderte die ganze Ausdruckskraft des Orchesters. McFall führte das SOV mit straffem Tempo durch fiebrige Passagen, ohne die lyrischen Momente zu vernachlässigen. Besonders beeindruckend war das Wechselspiel zwischen Aggression und Melancholie, das im Zentrum dieses Satzes steht. Die strahlende Klarheit der Blechbläser unterstrich die martialischen Elemente, während die Streicher subtil die inneren Konflikte der Legende ausleuchteten.

Bregenz am 24.11.2024 SOV Symphonie Orchester Vorarlberg, Konzert Nr.3, Dirigent Leo McFall

Im vierten Satz wendet sich die Stimmung deutlich dem Licht zu. Tänzerische Rhythmen und volksliedartige Melodien vermitteln ein Gefühl von Leichtigkeit und Naturverbundenheit. McFall ließ die Streicher in einem warmen, satten Klang aufblühen, der die ländliche Heiterkeit des Werkes unmittelbar erlebbar machte.

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Mit „Tábor“ und „Blaník“ fand der Zyklus einen triumphalen Abschluss. Die auf dem Hussitenchoral basierenden Themen wurden mit einer Klarheit und Energie interpretiert, die den Geist der böhmischen Freiheitskämpfer wieder aufleben ließen. McFall bewies großes Gespür für die dramatische Entwicklung, indem er die Spannungsbögen bis zum mitreißenden Finale präzise aufbaute. Besonders eindrücklich war der Einsatz der Schlagzeuggruppe, die mit fast militärischer Präzision die martialischen Elemente des Finales unterstrich. Der markante Klang der Bässe verlieh den letzten Takten eine majestätische Wucht.

Bregenz am 24.11.2024 SOV Symphonie Orchester Vorarlberg, Konzert Nr.3, Dirigent Leo McFall

Das Symphonieorchester Vorarlberg zeigte sich an diesem Abend in Bestform. Anja Nowotny-Baldauf an der Soloflöte und Anna Gagane an der Klarinette verliehen ihren Passagen mit virtuoser Präzision und einem farbenreichen Klangbild besondere Strahlkraft. Mit Präzision und Hingabe meisterten die Musikerinnen und Musiker auch die anspruchsvollsten Passagen des Zyklus. Die klangliche Balance zwischen den Orchestergruppen war vorbildlich, die Transparenz des Spiels ließ die komplexen Strukturen von Smetanas Komposition in vollem Glanz erstrahlen. Der warme, volle Klang des Orchesters wurde entscheidend von McFalls einfühlsamem und zugleich energischem Dirigat geprägt.