Candida Höfers “Bibliotheken”

137 großformatige Farbaufnahmen und ein Essay von Umberto Eco.
München Bibliotheken sind mehr als nur Aufbewahrungsorte für Bücher – sie sind Refugien des Geistes, Oasen der Stille und Sinnbilder für die Sehnsucht des Menschen nach Wissen. Candida Höfer, eine der international angesehensten deutschen Fotografinnen, widmet diesen außergewöhnlichen Räumen ihre neue Monografie mit dem schlichten Titel “Bibliotheken”. Der Bildband versammelt 137 großformatige Farbaufnahmen und dokumentiert Höfers jahrzehntelange Auseinandersetzung mit Bibliotheksarchitektur in Europa, den USA und Lateinamerika. Von der Bibliothek des Kloster Mehrerau in Bregenz, der prachtvollen Österreichischen Nationalbibliothek in Wien, der Universitätsbibliothek Innsbruck über die imposante Stiftsbibliothek in St. Gallen bis hin zur Weimarer Anna-Amalia-Bibliothek kurz vor ihrem verheerenden Brand: Höfers Fotografien entführen den Betrachter in die Welt der Bibliotheken.

Höfers Arbeit ist geprägt von Präzision und Zurückhaltung. Ihre Fotografien verzichten auf Inszenierungen oder die Darstellung von Menschen. Diese bewusste Leere, die zu ihrem Markenzeichen geworden ist, lässt die Räume selbst zu Hauptdarstellern werden. Mit meisterhafter Symmetrie und einem Gespür für Licht und Farbe schafft sie eine Atmosphäre, die Bibliotheken als Orte der Konzentration und Kontemplation einfängt. Besonders beeindruckend ist ihre Art, Details sichtbar zu machen: die Anordnung der Bücherregale, das Spiel von Licht und Schatten, die stillen Reflexionen auf glänzenden Böden. Ihren Fotografien gelingt es, die stille Aura der Räume zu vermitteln, ohne den Betrachter zu überfordern.

Ein Essay des italienischen Schriftstellers und Philosophen Umberto Eco ergänzt Höfers Arbeit. Eco, selbst leidenschaftlicher Bibliotheksbesucher, eröffnet die Sammlung mit einer Reflexion über die Vielschichtigkeit dieser Orte. Er verbindet persönliche Erinnerungen, philosophische Reflexionen und literarische Verweise – etwa auf Jorge Luis Borges’ visionäre „Bibliothek von Babel“. Mit der ihm eigenen Mischung aus geistreichem Humor und analytischer Tiefe beleuchtet Eco, wie Bibliotheken Ordnung und Chaos zugleich verkörpern, Wissen bewahren und doch zu neuen Ideen inspirieren. Sein Text steht im Einklang mit Höfers Fotografien, die ohne Worte die Rolle der Bibliotheken als Spiegel der Kulturgeschichte unterstreichen.

Der Bildband zeigt eine beeindruckende Vielfalt: prächtige barocke Klosterbibliotheken in Mitteleuropa, innovative Wissenszentren wie die British Library in London und intime Kabinette aufgeklärter Fürsten. Diese Architekturen laden dazu ein, über die Bedeutung solcher Orte in einer zunehmend digitalen Welt nachzudenken. Sind Bibliotheken noch Kathedralen des Wissens oder drohen sie im Strudel der Informationsflut ihre Relevanz zu verlieren? Höfers Bilder geben keine Antworten, sondern regen zum Nachdenken an, indem sie die Bibliothek als zeitlosen Ort der Ruhe und Besinnung feiern. Candida Höfers Monografie ist ein Kunstwerk, das die Faszination der Bibliothek auf eine neue Ebene hebt. Ihre Fotografien führen uns vor Augen, dass der Raum, in dem Bücher leben, ebenso wichtig ist wie die Geschichten, die sie erzählen.
Bibliotheken
Mit einem Essay von Umberto Eco
272 Seiten, 137 Farbtafeln
geb. Sonderausgabe
deutsch/englisch
ISBN 978-3-8296-1003-2
€ 51.20