Achtsamkeit in Linie und Farbe

Eine neue Ausstellung in Feldkirch zeigt die poetische Bildwelt von Omani Frei.
Feldkirch Die Galerie Elisabeth Rosche in Feldkirch eröffnete am Freitag die Ausstellung der Künstlerin Omani Frei und gibt damit Einblick in ihr vielschichtiges Schaffen zwischen Malerei und Animation. Gouache und Tusche auf Papier bilden den Kern ihrer Arbeiten, die mit bewusst reduzierter Farbigkeit und klaren Linien eine besondere Sensibilität ausstrahlen.

Frei beginnt ihre Arbeiten stets mit einer Bleistiftskizze, die intuitiv und spontan entsteht. Erst in einem zweiten Schritt werden die Linien mit Tusche nachgezogen, bevor sie ihre Gouachefarben aufträgt. Diese Farben kommen nicht direkt aus der Tube, sondern sind das Ergebnis eines sorgfältigen Mischprozesses, der jedem Farbton eine individuelle Note verleiht. Ihre Maltechnik erinnert in der klaren Flächenaufteilung sowohl an Holzschnitte als auch an Animationen – ein Bereich, in dem sie ebenfalls tätig ist. Feine, aufgesetzte Details verleihen den Kompositionen zusätzliche Tiefe und setzen dezente Akzente.

Zentral in Freis Kunst ist die Darstellung stiller, alltäglicher Situationen, in denen ihre Figuren eine besondere innere Ruhe ausstrahlen. Sensibilität und Rücksichtnahme sind für sie keine Schwächen, sondern Stärken. Ihre Werke fangen diesen Gedanken ein und verleihen ihren Protagonisten eine besondere Präsenz. Gerade diese Zurückhaltung entfaltet eine intensive Wirkung und regt den Betrachter zum meditativen Nachdenken an. Die scheinbare Einfachheit ihrer Motive steht im Kontrast zu der komplexen handwerklichen Technik, die hinter jedem Werk steckt.

Geboren als Tochter einer Deutschen und eines Vorarlbergers, studierte Frei Kunst in Italien und Dresden. Ihr Weg führte sie schließlich nach Japan, wo sie im Rahmen einer dreimonatigen Künstlerresidenz lebte – eine Zeit, die sich auf sieben Monate ausdehnte und sie nachhaltig prägte. Die in Japan erlebte Achtsamkeit und bewusste Wahrnehmung spiegelt sich deutlich in ihrer Kunst wider. „Wenn man das erste Mal Kirschblüten betrachtet und sieht, wie Menschen eine halbe Stunde einfach nur das Blühen genießen, dann hat das eine Qualität, die mich sehr berührt hat“, beschreibt sie.

Ihre Arbeiten strahlen eine Zurückhaltung aus, die dennoch voller Kraft ist. Durch die Kombination von feinen Linien und einer flächigen Malweise schafft sie eine Balance zwischen Präzision und Weichheit. „Ich arbeite sehr gerne mit unspektakulären Szenen, weil sie eine enorme Kraft ausstrahlen. Es ist die Stille, die fesselt“, sagt sie.

Auch der materielle Aspekt ihrer Kunst erfordert besondere Sorgfalt. Gouache ist ein empfindliches Medium: Jede weitere Farbschicht kann die darunter liegende ablösen, Korrekturen sind kaum möglich. Diese Fragilität verleiht den Bildern eine besondere Sensibilität, die mit ihrer inhaltlichen Aussage harmoniert. Die matte Oberfläche und die satten Farbtöne erzeugen eine visuelle Tiefe, die durch Freis reduzierte Formensprache noch verstärkt wird.

Freis Ausstellung in der Galerie Elisabeth Rosche zeigt eine Künstlerin, die mit einem reflektierten Blick auf die Welt ihre eigene Bildsprache entwickelt hat. Ihre Arbeiten treffen einen Punkt, den man kaum erklären kann, der aber lange nachhallt.