“Musik schafft Verbindung”

Unter dem Motto „Raus aus der Gefahr – rein ins Leben“ organisiert die anker Jugendnotschlafstelle ein Benefizkonzert zur Förderung kultureller Teilhabe wohnungsloser Jugendlicher.
Dornbirn Am Freitag, den 25. April bringen Sosch*, Pille One und Twangman das Kulturcafé Schlachthaus in Dornbirn zum Beben – und das für einen guten Zweck. Unter dem Motto „Raus aus der Gefahr – rein ins Leben“ engagiert sich der anker, die Jugendnotschlafstelle Dornbirn, gemeinsam mit regionalen Künstlern für mehr Chancen und Unterstützung für Jugendliche in prekären Lebenssituationen. Genau hier setzt das Projekt an: Mit Spenden werden sinnvolle Tagesstrukturen, positive Erlebnisse und gesellschaftliche Teilhabe ermöglicht. Theresa Brückner, anker-Mitarbeiterin und Organisatorin des Benefizkonzerts, spricht im VN-Interview über die Idee zum Konzert und die Herausforderungen im Alltag der Jugendnotschlafstelle.
Wie ist die Idee für das Benefizkonzert entstanden? Gab es einen konkreten Auslöser?
Die Idee ist aus mehreren Richtungen gleichzeitig gewachsen. In unserer täglichen Arbeit sehen wir, wie groß der Unterstützungsbedarf junger Menschen in Krisensituationen ist. Vielen Menschen ist gar nicht bewusst, dass es auch bei uns in der Region Jugendliche gibt, die ohne festen Wohnsitz oder unter sehr schwierigen Bedingungen leben. Gleichzeitig haben wir viele engagierte und kreative Menschen in unserem Umfeld, die nicht länger zusehen, sondern etwas bewegen wollen. So entstand schnell die Idee, gemeinsam ein starkes Zeichen zu setzen. Das Konzert ist eine echte Herzensangelegenheit – getragen von der Realität unserer Arbeit und dem Wunsch, jungen Menschen mehr Sichtbarkeit und Teilhabe zu ermöglichen.
Wo besteht Ihrer Meinung nach dringender Handlungsbedarf?
Der Handlungsbedarf liegt vor allem in der frühzeitigen und unkomplizierten Unterstützung von Jugendlichen in Krisensituationen. Das Hilfesystem leistet bereits viel, aber einige Jugendliche fallen dennoch durch das Raster – sei es in der Schule, in der Familie oder bei der Suche nach Unterstützung. Diese jungen Menschen brauchen sichere Räume, in denen Vertrauen aufgebaut werden kann, an denen sie mitreden und Fehler machen dürfen, ohne sanktioniert zu werden. Nur so können sie Stabilität und Perspektiven entwickeln. In einer Zeit, in der ihnen diese Stabilität fehlt, ist es besonders wichtig, dass sie Möglichkeiten zur gesellschaftlichen Teilhabe haben. Diese Erfahrungen geben ihnen Orientierung, stärken ihr Selbstvertrauen und bieten Halt in schwierigen Zeiten. Es braucht also Unterstützung über die Grundversorgung hinaus.

Warum ist gerade Musik – und insbesondere ein Konzert – ein geeignetes Mittel, um auf die Situation gefährdeter Jugendlicher aufmerksam zu machen?
Musik schafft Verbindung. Sie spricht emotional an – unabhängig von Sprache, Herkunft oder sozialem Status. Ein Konzert ist ein Raum, in dem Menschen zusammenkommen, zuhören, fühlen – und vielleicht mit einem veränderten Blick nach Hause gehen. Genau das wollen wir: Begegnung auf Augenhöhe und ein neues Bewusstsein für die Lebensrealitäten junger Menschen in Not.
Wie kann Kultur helfen, Perspektiven zu schaffen?
Kultur bedeutet Teilhabe. Wenn Jugendliche sich kreativ ausdrücken können – sei es durch Musik, Tanz, Schreiben, Malen oder Sport – entdecken sie oft Seiten an sich, die im Alltag keinen Platz finden. Das stärkt das Selbstwertgefühl, gibt Orientierung und manchmal sogar eine neue Lebensperspektive. Es öffnet Türen in eine Welt, die nicht nur von Problemen geprägt ist.

Welche Künstlerinnen und Künstler konnten für das Projekt gewonnen werden?
Wir sind unglaublich dankbar, dass wir so engagierte Künstler für das Benefizkonzert gewinnen konnten. Mit dabei sind SoSch* – ein Quartett mit viel Feingefühl für gesellschaftliche Themen und kraftvollem Indie-Rock, der Rapper Pille One, der über persönliche und soziale Herausforderungen rappt, sowie die Band Twangmen, die mit ihrem energiegeladenen Sound garantiert für Stimmung sorgen wird. Alle drei Acts bringen nicht nur musikalisches Können mit, sondern auch echtes Herzblut für die Sache.
Welche Herausforderungen erleben Sie im Alltag der Jugendnotschlafstelle anker besonders häufig?
Viele Jugendliche kommen mit sehr komplexen Problemen zu uns – psychische Belastungen, familiäre Konflikte, Wohnungslosigkeit, Schulabbrüche oder Sucht. Besonders herausfordernd ist oft der Vertrauensaufbau, weil viele bereits negative Erfahrungen gemacht haben. Ohne festen Wohnsitz fehlt ihnen dann die Stabilität, die sie dringend brauchen. Dadurch geraten viele schnell aus dem Gleichgewicht, und die Probleme verstärken sich gegenseitig. Unsere Aufgabe im anker ist die akute Versorgung und Weitervermittlung. Gleichzeitig versuchen wir, jungen Menschen Perspektiven aufzuzeigen – mit Geduld, Verlässlichkeit und viel persönlichem Engagement über das Nötigste hinaus.
Die Maßnahmen reichen von Kultur- und Sportangeboten bis zur Unterstützung beim Kulturpass. Warum sind gerade diese Dinge so wichtig für junge Menschen in Krisensituationen?
Weil sie nicht nur „Beschäftigung“ sind, sondern echte Teilhabe ermöglichen. Viele Jugendliche erleben durch Armut oder Ausgrenzung, dass sie „nicht dazugehören“. Der Zugang zu Kultur oder Sport gibt ihnen ein Stück Normalität und Würde zurück. Es geht um Mitmachen, um Gemeinschaft – und um das Gefühl, etwas wert zu sein.
Was dürfen Besucher vom Konzertabend im Kulturcafé Schlachthaus erwarten – musikalisch und emotional?
Musikalisch erwartet die Besucher ein bunter Abend voller Leidenschaft, Vielfalt und großartiger Live-Musik. Emotional wird es bewegend – weil die Geschichten hinter den Songs spürbar sind und weil deutlich wird, wie viel Kraft und Hoffnung in Musik steckt. Wir hoffen, dass die Menschen nicht nur einen tollen Abend erleben, sondern auch ein Stück Verständnis mitnehmen – für eine Realität, die mitten unter uns stattfindet.
Benefizkonzert mit Sosch, Pille One, Twangman: 25. April, 20 Uhr, Kulturhauscafé Schlachthaus, Dornbirn, Der Eintritt zum Konzert beträgt 15 Euro – jede Karte ist ein Beitrag zur Zukunft gefährdeter Jugendlicher, insbesondere jener ohne festen Wohnsitz.
Projekte
Die Spendengelder finanzieren unter anderem:
- Kultur statt Leere: Kino-, Theater- und Museumsgutscheine
- Bewegung statt Stillstand: Eintritte in Schwimmbäder und Sportangebote
- Gemeinschaft statt Isolation: Zuschüsse für Vereinsmitgliedschaften
- Zugang statt Ausschluss: Unterstützung beim Kulturpass-Antrag