Euphorie und Sucht am Berg

Ein “Bergwelten”-Film am Montagabend von Reinhold Bilgeri.
Salzburg Das Bezwingen von Bergen und der Kampf mit Fels und Eis werden zu Ende des 19. Jahrhunderts immer stärker heroisiert. Im Lauf der Alpin-Geschichte steigert sich diese Herausforderung für so manche Ehrgeizige und Grenzgänger geradezu zur Sucht. Ein Phänomen, das sich im Massenansturm auf ikonische Berge im 21. Jahrhundert bis zur Hysterie steigert.

Aus der Freude am Bergsteigen und der Euphorie des Gipfelerlebnisses hat sich ein Hang zum ‚Gipfelsammeln‘ und zur Rekordsucht am Berg herausgebildet. So erkennen Verhaltenswissenschaftler, die sich mit dem Alpinismus und seinen Protagonisten auseinandersetzen, ein neuartiges Phänomen, das man gemeinhin als ‘Bergsucht’ bezeichnen könnte. Regisseur Reinhold Bilgeri hat Alpin-Größen und Grenzgänger wie Beat Kammerlander, Tamara Lunger oder Mich Kemeter zu diesem Thema getroffen, außerdem sprechen Autor Michael Köhlmeier, Psychiater Reinhard Haller und die Innsbrucker Sportpsychiaterin Katharina Hüfner über ihre Beobachtungen und Studien.

Im ‚Zeitalter des Narzissmus‘ haben sich die Parameter verschoben. Das Ego überstrahlt alles und lässt wenig Platz für die alten Ideale – auch auf dem Berg. Gipfelsiege werden heute regelrecht erkauft. Die Höchsten für die Reichsten, scheint der neue Trend der Zeit zu sein. Für 60.000 Dollar und mehr führt, unterstützt von Flaschensauerstoff, ein Guide die Klienten auf ausgetretenen Wegen auch auf die gefährlichsten Achttausender.

In der Schlange dutzender anderer Bergtouristen – und im schlimmsten Fall sogar im lebensgefährlichen Stau auf einer Höhe von 8.000 Meter und drüber – werden Gipfel wie Trophäen abgehakt. Großwildjäger war gestern, Gipfeljäger ist heute. Aus den ‚Big Five‘ des 19. Jahrhunderts werden im 21. Jahrhundert die ‚Seven Summits‘ oder die ’Vierzehn Achttausender‘, wenn geht in Rekordzeit. Die Botschaft ‚Auch ich war da oben‘ wird im Moment des Gipfelsiegs über die sozialen Medien schrill und vielfach in die Welt hinausgetragen. Auch wenn’s schon keinen mehr interessiert.

Regisseur Reinhold Bilgeri stellt so manche Entwicklung im Bergsport in Frage, frei nach Reinhold Messner: “Der Berg wird zum Massenziel, wenn ich ihn in Ketten lege, also an ihm präparierte Pisten baue. Wir sollten dem Berg sein Geheimnis lassen“.
Euphorie und Sucht am Berg
Ein “Bergwelten”-Film von Reinhold Bilgeri
Montag, 12.05., ab 20.15 Uhr