Die Welt der englisch-schottischen Musik

Auch in diesem Jahr wusste die Matinee des Orchestervereins Götzis am 1. Juni zu überzeugen.
Götzis Während die Könige der Leichtathletik im benachbarten Mösle-Stadion beim Zehnkampf-Meeting sportliche Höchstleistungen brachten, zeigten sich auch die Musikerinnen und Musiker des Orchestervereins Götzis am Sonntagvormittag in der Kulturbühne Ambach von ihrer besten Seite: mit einem sorgfältig kuratierten Programm, feinfühliger Interpretation und einem starken Auftritt der Solistin Alesia Varapayeva an der Oboe. Eröffnet wurde das Konzert mit Edward Elgars „Elegy” op. 58, einem kurzen, doch eindringlichen Werk für Streichorchester. Der 1909 entstandene Trauergesang wirkt wie ein musikalisches Innehalten: ruhig, getragen, durchzogen von zarter Melancholie und leiser Würde. Das Orchester formte unter der Leitung von Darius Grimmel einen fein austarierten Klangkörper, der der stillen Größe dieses Stücks mit dem nötigen Respekt begegnete. Besonders die dezent gesetzten Dissonanzen kamen gut zur Geltung, das Spiel blieb durchweg transparent und spannungsvoll.

Höhepunkt des Konzerts war Ralph Vaughan-Williams’ “Konzert für Oboe und Streichorchester in a-Moll” – nicht zuletzt dank der Solistin Alesia Varapayeva. Die in Moskau geborene und in Vorarlberg lebende Musikerin überzeugte mit einer klaren, atmenden Tongebung, unaufdringlicher Präsenz und einem tiefen Gespür für die lyrische Sprache des Komponisten. Schon im ersten Satz, dem Rondo Pastorale, gelang es ihr, die pastorale Grundstimmung dieses späten Meisterwerks in schwebenden Melodiebögen zu gestalten. Im „Minuet and Musette” ließ sie tänzerische Leichtigkeit und barocke Eleganz verschmelzen, ohne ins Dekorative abzugleiten. Der abschließende Satz sprühte vor rhythmischem Witz und subtiler Virtuosität – ein beeindruckender Vortrag, getragen von einem aufmerksamen und gut ausbalancierten Orchester.

Mit John Irelands “A Downland Suite” wurde das Programm um ein atmosphärisch dichtes, wenig bekanntes Werk bereichert. Die vier Sätze dieses ursprünglich für Blasorchester geschriebenen Stücks zeichnen ein musikalisches Landschaftsbild vom südenglischen Hügelland. Das lebhafte Prelude mit seinem klaren rhythmischen Profil wirkte wie ein frischer Morgenwind, während die Elegy – in ihrer Sanglichkeit nahe bei Elgar – besonders durch das warme Spiel der tiefen Streicher berührte. Im Menuett bewies das Orchester ein feines Gespür für Struktur und stilistische Balance, ehe das beschwingte Rondo das Konzert in gelöster Heiterkeit beschloss.
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Am Pult stand Darius Grimmel, ein junger Dirigent mit spürbarem Talent und musikalischem Instinkt. Der gebürtige Lindauer, der sich nach Studien in Feldkirch, Linz und München längst auch als Komponist und Musikvermittler etabliert hat, führte das Orchester mit klarem Schlag und hörbarer Gestaltungskraft. Er hatte die Musikerinnen und Musiker gut im Griff, arbeitete Übergänge sorgfältig heraus und bewies Fingerspitzengefühl im Umgang mit Dynamik und Klangbalance. Einziger Wunsch: Etwas mehr Präsenz im Auftreten würde seinem Dirigat guttun – das künstlerische Talent ist zweifellos vorhanden, nun sollte auch das äußere Auftreten dem inneren Können angeglichen werden.

Der Orchesterverein Götzis zeigte sich an diesem Vormittag einmal mehr als ein Ensemble mit beeindruckender Breite. Das Miteinander der Musiker, getragen von einem generationsübergreifenden Geist, der seit 1947 kontinuierlich gewachsen ist, war deutlich zu spüren. Markus Ellensohn, langjähriger Konzertmeister und künstlerischer Leiter, war auch dieses Mal wieder eine verlässliche Größe, die souverän führte und subtil lenkte. Diese Matinee war weit mehr als ein Pflichttermin im Jahreskalender – sie war ein Zeugnis für musikalisches Engagement auf hohem Niveau und dafür, was entsteht, wenn Leidenschaft, Können und Gemeinschaft aufeinandertreffen.