“Kommerziell relevant werden wir wohl nicht”

Mit „A Dreamers Dream“ gibt Tobias Jussel den Startschuss für sein erstes Album und eröffnet damit ein neues Kapitel nach “The Weight”.
Dornbirn Die nach ihrem Frontmann benannte Vierercombo Jussel verbindet einfühlsame Melodien mit kraftvollen Instrumentalpassagen und knüpft damit an den zeitlosen Geist der 60er-, 70er- und 80er-Jahre an. Mit ihrem Debütalbum This Town, das am 26. September erscheint, legt die Band nun ihr erstes großes Projekt vor. Im Interview spricht der Vorarlberger Leadsänger Tobias Jussel (39) über die neue Single “A Dreamers Dream”, den Weg vom Ende von “The Weight” bis zum Neuanfang – und warum Bauchgefühl für ihn beim Songwriting entscheidender ist als jeder Trend.
Eure neue Single „A Dreamers Dream“ ist gerade erschienen.Warum habt ihr ihn als ersten Vorboten des Albums gewählt?
Ich operiere hier eher nach dem Bauchgefühl. Michael Hämmerle, ein guter Freund, selbst Musiker und Live-Techniker, hat einmal gemeint, dass es eigentlich jeder Song verdient, als Single veröffentlicht zu werden. Denn tatsächlich ist es mittlerweile schwierig, vorherzusagen, was bei den Leuten gut ankommt oder nicht. Da spielt die Technik der Streamingplattformen natürlich eine entscheidende Rolle. Hier hatte ich das Gefühl, der Song passt in den Sommer und ich bin mit der Aufnahme sehr glücklich. Ich finde, er ist gut eingespielt und auch der Sound sagt mir absolut zu.
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Schreibst du Texte bewusst autobiografisch – oder ist es dir wichtig, dass sich Hörer ihre eigene Geschichte darin suchen können?
Das eigene Leben beim Songwriting außer Acht zu lassen, ist wohl unmöglich. Oft verstehe ich erst sehr viel später, worüber ich eigentlich geschrieben habe. Selbst John Lennon ist nach eigener Aussage so gegangen. Er hat Leute in Songs angegriffen – z.B seinen Exkollegen McCartney – um am Schluss draufzukommen, dass er sich selbst meint. Wenn man sich etwa Texte von Oasis anschaut, dann können sie von jedem und allem handeln. Ich bin dennoch überzeugt, dass Noel Gallagher hier viel von sich preisgibt. Das ist wahrscheinlich die hohe Kunst der Popmusik: Man schreibt über das eigene Leben und jeder kann sich damit identifizieren.
Was unterscheidet Jussel heute am deutlichsten von The Weight – musikalisch, aber auch menschlich innerhalb der Band?
Hoppla, eine Frage mit Fallstricken. Der musikalische Unterschied ist für mich schwer zu beschreiben. Es gibt natürlich Ähnlichkeiten, die sich schon durch meine Stimme und meine Art der Melodieführung ergeben. Ich denke aber, dass die Songstrukturen jetzt klarer und direkter sind. Dafür haben wir uns ein Stück weit vom klassischen Hardrock wegbewegt und sind etwas geschmeidiger geworden. Letzteres ergibt sich neben dem Songwriting natürlich auch durch die neuen Persönlichkeiten in der Band. Mir gefällt es sehr, dass jetzt weniger diskutiert und mehr musiziert wird.

Was war damals der ausschlaggebende Punkt für das neue Musikprojekt?
Der wohl entscheidende Punkt war bereits 2020, als Andi und Patrick die Band verlassen haben. Die zwei Neuen in der Band – Walter und Stübsi – waren und sind erstklassige Musiker, aber ich habe gefühlt, dass ich eine neue Art von Arbeitsprozess brauche, um mich wohlzufühlen. Wenn man beginnt, in einer Band Musik zu machen, dann lernt man zuerst irrsinnig viel von seinen Bandkollegen. Irgendwann merkt man aber, dass man eigene Vorstellungen bezüglich Sound, Songwriting und Ästhetik entwickelt. Dazu kommt, dass ich mit der Intensität einfach nicht mehr mitkonnte. Das Leben auf Tour ist gerade auch für einen Sänger extrem anstrengend. Das hat schließlich zum Split geführt. Ich habe dann zuerst einmal Wohnzimmdemos aufgenommen und schnell gemerkt, dass es die Power einer Band brauchen würde. Dann habe ich Fäbl gefragt, ob er Interesse hätte, an den Songs zu arbeiten. Alles andere hat sich dann wie von selbst ergeben.
Wie würdest du euren Stil beschreiben, gibt es musikalische Vorbilder, die euch inspirieren?
Absolut und sehr viele. Jeder einzelne Musiker bringt durch seine Einflüsse eigene Elemente in den Sound der Band ein. Für mich sind vor allem Künstler der 60er und 70er Jahre interessant. Dazu zählen natürlich die Rockgrößen der damaligen Zeit. Ich bin aber auch riesiger Soul Fan. Da wurden Anfang der 70er absolute Meisterwerke geschaffen, die mich stark darin beeinflussen, wie ich die Machart eines Albums verstehe und angehe. Davon abgesehen ist es mein Ziel, jeden Song anders als den nächsten klingen zu lassen
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Wie wichtig ist euch heute noch „Erfolg“ im klassischen Sinn, und woran misst du ihn für dich?
Da ist man als Nebenerwerbsmusiker natürlich in einem Spannungsfeld. Wie ich bereits beschrieben habe, ist ein Leben auf der Straße für mich mittlerweile undenkbar. Das heißt aber, dass diese Band aller Voraussicht nie eine kommerziell relevante Größe erreichen wird. Darüber hinaus ist auch der Stil im Moment viel zu wenig angesagt, um das erreichen zu können. Doch (fast) alle Musiker möchten natürlich gerne vor vollem Haus spielen und man muss auch etwas dafür tun, um das gewährleisten zu können. Ich bin also hin- und hergerissen zwischen Zurückhaltung und voller Motivation. Ein großer Erfolg für mich ist es aber nach wie vor, mit hervorragenden Musikern in einer guten Band spielen zu können.
Ihr plant, euer Album bald im Carinisaal in Lustenau zu präsentieren. Worauf darf man sich freuen?
Zum Beispiel darauf, dass wir die Platten signieren werden, die man jetzt bereits auf den einschlägigen Plattformen im Internet vorbestellen kann.
Das Album erscheint am 26. September und ist auf allen gängigen Streamingplattformen zu hören. Am 25. Oktober wird Jussel das Album im Carinisaal in Lustenau präsentieren.