Kammermusik statt Wälderbähnle

„Klang & Raum“ machte am Wochenende Station im Alten Bahnhof Doren.
Doren Seit 2021 gibt es im Bregenzerwald die Kammermusikreihe „Klang & Raum“, die mit alten Instrumenten an Orten gespielt wird, an denen sonst keine Musik erklingt. Nach über einjähriger Pause ist das Team mit Angelika Gallez, Bianca Riesner, Heidrun Wirth-Metzler und Martin Gallez zur Freude des Publikums, wie der vollbesetzte Saal zeigte, wieder zurück. Die Saison 2025/26 startete letztes Wochenende im Alten Bahnhof Doren, einem verwunschenen Ort am Ufer der Bregenzer Ach. Als Gäste waren die Barockgeigerin Claudia Delago-Norz aus Innsbruck und die Stimmführerin der Bratschen beim Concentus Musicus Wien, Ursula Kortschak, geladen, dazu der Architekt und Künstler Edgar Höscheler aus Doren. Martin Gallez als geistreicher Moderator machte den Begriff der „Grenzgänge“ zum roten Faden seiner Ausführungen und schlug einen Bogen von der Hängebrücke, die die beiden Ufer der Ach verbindet, zur Musik am Ende des 18. Jahrhunderts. Er hatte auch gemeinsam mit den Solistinnen das Programm zusammengestellt, das unbekannte Schätze der Kammermusik dieser Zeit zum Erklingen brachte. Die ganz eigene Klangwelt der tiefen Töne dominierte im Quartett für Fagott, Violine oder Bratsche, Bratsche und Violoncello, op. 46, Nr. 1 von Franz Krommer, bei dem Heidrun Wirth-Metzler ihre Virtuosität auf dem Barockfagott voll ausspielen konnte: in wieselflinken Läufen und besonders im zweiten Moll-Satz eindringlich gestalteten Kantilenen, stilsicher begleitet von der Violine, die die erste Bratschenstimme spielte, Bratsche und Cello. Angelika Gallez gab dann im Sulzberger Dialekt ein Gedicht von Otmar Mennel über eine Achüberquerung auf dem schwankenden Steg zum Besten.

Fröhlich kam Haydns Barytontrio Nr. 44 daher, bei dem Bianca Riesner am Cello die Rolle des fürstlichen Dilettanten Nikolaus von Esterházy übernahm, für dessen heute kaum noch gespieltes Lieblingsinstrument Baryton Haydn 126 Trios komponiert hatte. Dank Martin Gallez, der ganz direkt fragte: „Wer bist du eigentlich?“, wurde das Gespräch mit Edgar Höscheler substantiell: Er erzählte von Kindheitserinnerungen mit Spielen an Rotach, Weißach und Bregenzer Ach, von der Entkernung und Renovierung des Alten Bahnhofs und der „Begegnungsschwingung“ in diesem Gemäuer, vom alten Wälderbähnle und von seinen künstlerischen Arbeiten, die damit begannen, dass er einen vertrockneten Christbaum auf eine Platte bannte. Mit François Deviennes Quartett für Flöte, Violine, Bratsche und Violoncello op. 66, Nr. 1 kam das Werk eines Zeitgenossen der Französischen Revolution zum Erklingen: Angelika Gallez als Solistin an der Traversflöte spielte ihren hochvirtuosen Part bewundernswert mühelos, mit rasanten Girlanden und eleganter Tongebung. Auch die anderen Instrumente hatten ihre schönen Solostellen, bevor sich im letzten Satz alles in einen wilden Ritt stürzte, der fast wie das Tongemälde einer Schlacht klang. Idyllisch wurde es dann in einem Werk der Mannheimer Schule, einer Romanze für Flöte und Fagott von Carl Stamitz, bei der sich die beiden Instrumente wunderschön mischten. Das Konzert klang aus mit unterhaltsamer Wohlfühlmusik des 18. Jahrhunderts, nun mit allen Instrumenten gemeinsam, dem Quintett op. 3, Nr. 6 von Carl Joseph Troeschl. Aus dem Publikum hatte man schon vorher vereinzelt Bravo-Rufe gehört, nun wurde das Ensemble mit langanhaltendem Applaus bedacht, sicher auch in Vorfreude auf die kommenden Konzerte dieser Reihe.
Ulrike Längle