Gerold Amann im Alter von 88 Jahren verstorben

Kultur / 27.11.2025 • 17:10 Uhr
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Silvia Thurner

Der bekannte Vorarlberger Komponist ist in der Nacht auf Donnerstag verstorben.

Bludenz In der Nacht vom 26. auf den 27. November ist der Vorarlberger Komponist und Pädagoge Gerold Amann im Alter von 88 Jahren verstorben. Mit ihm verliert das Land eine Persönlichkeit, die über sechs Jahrzehnte hinweg Maßstäbe gesetzt hat als Suchender, Forscher, Hörender und Gestalter von Klangwelten, die weit über vertraute ästhetische Territorien hinausreichten.

Amann wurde am 31. Oktober 1937 als achtes Kind einer Lehrer- und Bauernfamilie in Schnifis geboren und fand früh zur Musik. Als etwa Zehnjähriger hörte er im Radio Bruckners Vierte und fasste den Entschluss, „so etwas auch einmal machen“ zu wollen.

Gerold Amann im Alter von 88 Jahren verstorben
Sein Werk “Die Vögel” wurde 2016 bei den Burgspiele in der Burgruine Jagdberg aufgeführt. Stiplovsek Dietmar pauschal

Bereits während seiner Gymnasialzeit musizierte er als Tanzmusiker in Liechtenstein. Später, als Student in Graz, spielte er in einer Jazzband. Er absolvierte ein Studium der Philosophie, Psychologie und Musikwissenschaft an der Universität Graz und schloss dieses mit dem Doktorat in Psychologie ab. Dieses Wissen eröffnete ihm insbesondere in Fragen der Wahrnehmung und Struktur akustischer Phänomene wertvolle Einsichten. Beruflich wirkte er über Jahrzehnte als Mittelschullehrer am BG/BRG Bludenz, als Leiter der Kompositionsklasse des Vorarlberger Landeskonservatoriums sowie als musikalischer Leiter der Kabaretttruppe „Die Wühlmäuse“.

Doch Amanns eigentliche Schule war die Welt des Hörens. Er lauschte Tieren und Maschinen, seinem eigenen Körper und den kleinsten Regungen seiner Umwelt. „Ich wurde ein Arrangeur von Schallereignissen aller Art“, sagte er einmal. Mithilfe seiner „Tonlupe“, der verzögerten Wiedergabe von Umweltschall, versuchte er, das Innere des Klangs zu erfassen: jene Mikrostrukturen, in denen er universale Muster, isomorphe Binnenverhältnisse und naturgesetzliche Zusammenhänge zu erkennen suchte. Vogelgesänge, Umweltgeräusche, mechanische Rhythmen: All dies wurde für ihn zum Material einer Musik, die sich nicht an Trends der Avantgarde, sondern an der Wirklichkeit selbst orientierte.

Als Pädagoge prägte Amann Generationen junger Musiker. Zu seinen Schülern und Wegbegleitern zählen bedeutende Komponisten und Musikschaffende wie Georg Friedrich Haas, Johanna Doderer, Gerald Futscher, Michael Floredo, Peter Herbert, Murat Üstün, Ulrich Gabriel, Rolf Aberer, Ulrich Troy, Evelyn Fink-Mennel und Josef Amann.

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Sein Werk ist vielseitig: Orchester- und Bühnenmusik, Kammermusik, Hörspiel- und Filmmusik, Kabarett und freie Klangstudien. Besonders bekannt wurden seine Freilichtproduktionen wie „Goggalori”, „Apokalypse” oder „Triungulus”, in denen er Musik, Text, Tanz und szenische Elemente zu eindringlichen Aufführungen verdichtete. Seine Werke wurden bei renommierten Festivals und in zahlreichen Städten Europas, Nordamerikas und Asiens aufgeführt; mehrere Projekte wurden fürs Fernsehen produziert.

Zentral war für Amann das Anliegen, gesellschaftlich relevante Impulse zu setzen. Laienspiele, wie er betonte, sollten keine „schlechter gespielten Profitheater“ sein, sondern Gemeinschaftserlebnisse, die musikalische, soziale und körperliche Ausdrucksformen verbinden.

Mit Gerold Amann verliert Vorarlberg eine kulturelle Leitfigur, deren Werk und Geist weit über die Landesgrenzen hinausreichten. Seine Musik, seine Gedanken und seine Art des Hörens bleiben als Vermächtnis eines Künstlers, der im Klang die Welt zu begreifen suchte.