Jenseits der Rekorde: Wer Klimt wirklich war

Kultur / 14.12.2025 • 13:29 Uhr
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BrandstätterDie 325 Seiten starke Biografie ist im Verlag Brandstätter erschienen.

„Gustav Klimt – Die Biografie“ von Mona Horncastle und Alfred Weidinger.

Wien Selten richtet sich der Blick des internationalen Kunstmarkts so geschlossen auf ein einzelnes Werk wie kürzlich in New York. Dort erzielte das Bildnis Elisabeth Lederer, das einst dem jüdischen Sammlerpaar August und Serena Lederer gehörte, den Rekordpreis von 236,4 Millionen Dollar. Es ist der zweithöchste Betrag, der je für ein Gemälde bezahlt wurde. Solche Summen lenken unweigerlich die Aufmerksamkeit auf den Künstler selbst. Doch was lässt sich heute über Gustav Klimt sagen, jenseits des Auktionsrauschs und des Spektakels? Was bleibt von seinem Werk und wie erklärt sich sein Rang in der Kunstgeschichte?

Jenseits der Rekorde: Wer Klimt wirklich war
Ein Gemälde von Gustav Klimt kann auch in der Sammlung Hans Bäumler in Hohenems bewundert werden. Beate Rhomberg pauschal

Antworten auf diese Fragen gibt die erweiterte Biografie von Mona Horncastle und Alfred Weidinger. Es entfaltet ein dichtes Panorama von Klimts künstlerischer Entwicklung, seiner Stellung innerhalb der Wiener Moderne sowie dem spannungsvollen Wechselspiel zwischen ästhetischem Aufbruch und gesellschaftlicher Konfrontation. Horncastle und Weidinger bündeln jahrzehntelange Forschung, ohne das Ziel zu verfolgen, eine weitere Lebensbeschreibung vorzulegen. Vielmehr wollen sie eine Gesamtschau bieten. Sie verzichten auf anekdotische Ausschmückungen, bevorzugen dokumentierte Quellen und setzen nicht auf Erzählfluss, sondern auf strukturierte Analyse. Das daraus entstehende Bild zeigt Klimt als unbequemen, eigenwilligen Geist, dessen Werk heutigen Klischees nur schwer gerecht wird.

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Besonders aufschlussreich sind die Kapitel über das Wien um 1900, jenes Milieu, in dem Medizin, Psychologie und Kunst in rascher Folge neue Ausdrucksformen suchten. Klimt stand im Zentrum dieser Bewegung. Die Autoren zeigen ihn als unabhängigen Kopf, der sich wenig um konventionelle Erwartungen scherte, und zugleich eng mit der jüdischen Oberschicht der Stadt verbunden war, deren Porträts er vielfach schuf. Zugleich dokumentieren sie die Brüche, etwa den Eklat um die Fakultätsbilder, deren drastische Körperlichkeit Publikum und Auftraggeber gleichermaßen empörte.

Interessant ist auch die geschilderte Rezeptionsgeschichte: das Verschwinden Klimts aus dem öffentlichen Bewusstsein nach seinem frühen Tod, die Enteignung seiner Sammler durch die Nationalsozialisten, das spätere Aufflammen des Interesses im Zuge der Restitutionsdebatten der 1990er Jahre und schließlich jene spektakulären Preissteigerungen, die seine Werke heute zu globalen Prestigeobjekten machen.

Ein Verdienst des Buches besteht darin, Klimt nicht auf Glamour und Gold zu reduzieren. Der Künstler, dessen strahlende Bildwelten bis heute als Inbegriff des Wiener Jugendstils gelten, entwarf mit sicherer Hand jene ornamentale Sinnlichkeit, die seine Porträts und Allegorien unverwechselbar macht. In seinen Arbeiten verschmelzen präzise Linienführung und schimmernde Farbflächen zu einer Kunst, die von dekorativer Opulenz ebenso getragen wird wie von gedanklicher Strenge. Sein Schaffen markiert einen Wendepunkt der Moderne, da er den Mut zeigte, überkommene Traditionen hinter sich zu lassen und eine neue Form ästhetischer Freiheit zu entwerfen.