Klavierrezital mit Maß und Substanz

Der Schweizer Pianist Oliver Schnyder mit Schubert, Schumann und Debussy.
Nendeln In der vergangenen Woche präsentierte der Schweizer Pianist Oliver Schnyder im Hagenhaus ein Klavierrezital von bemerkenswerter Reife. Mit klarem Gestaltungswillen führte er durch ein anspruchsvolles Programm mit Werken von Franz Schubert, Robert Schumann und Claude Debussy. Eindrucksvoll war die kontrollierte Durchdringung der musikalischen Strukturen und die differenzierte Klanggestaltung.
Oliver Schnyder, 1973 im schweizerischen Brugg geboren, gehört seit Jahren zu den prägenden Pianisten seiner Generation. Seine Ausbildung führte ihn von der Schweiz in die USA, unter anderem zu Leon Fleisher nach Baltimore. Ein frühes Debüt im Kennedy Center in Washington sowie sein Auftritt mit dem Tonhalle-Orchester Zürich unter David Zinman markierten wichtige Stationen seiner Laufbahn. Seither ist Schnyder international präsent, als Solist, Kammermusiker, Pädagoge und künstlerischer Leiter verschiedener Festivals. Seine Einspielungen, insbesondere mit Werken von Schubert, Schumann und Bach, wurden vielfach ausgezeichnet und dokumentieren sein analytisches Gespür ebenso wie seine klangliche Disziplin.

Den Auftakt des Abends bildete Robert Schumanns Waldszenen op. 82. Hier zeigte sich Schnyders Sinn für Charakterkontraste und Binnenstruktur. Die einzelnen Miniaturen waren klar voneinander abgegrenzt, ohne den Zyklus auseinanderfallen zu lassen. „Jäger auf der Lauer“ erhielt durch markante Bassakzente ein festes Profil, „Einsame Blumen“ war von zurückgenommener Klanglichkeit geprägt. In „Vogel als Prophet“ verband Schnyder rhythmische Schärfe mit kontrollierter Beweglichkeit, während „Abschied“ durch eine ruhige, bewusst reduzierte Gestaltung überzeugte. Die Stücke wirkten so weniger illustrativ, sondern als präzise gezeichnete musikalische Szenen.
Es folgten Claude Debussys „Estampes“, bei denen der Fokus auf klangliche Differenzierung und rhythmische Prägnanz lag. „Pagodes“ war klar geschichtet und frei von klischeehafter Überzeichnung, während „La soirée dans Grenade“ von subtiler rhythmischer Spannung lebte. In „Jardins sous la pluie” verband Schnyder technische Sicherheit mit kontrollierter Energie, sodass selbst die dichten Passagen transparent blieben.
Aufgrund Ihrer Datenschutzeinstellungen wird an dieser Stelle kein Inhalt von Youtube angezeigt.
Im abschließenden Programmpunkt war Franz Schuberts A-Dur-Sonate D. 894 zu hören. Im Molto moderato e cantabile entwickelte Schnyder einen leisen, tragfähigen Grundton, der die weitgespannten Bögen dieser späten Sonate überzeugend zusammenhielt. Auffällig war die sorgfältige Balance zwischen formaler Klarheit und freier Agogik: Die Musik gewann an Spannung, ohne dass Details überzeichnet worden wären. In den ruhigeren Abschnitten ließ Schnyder der Musik Raum zur Entfaltung, während er im Finale mit beweglicher Artikulation und präzisem Zugriff überzeugte.
Was diesen Abend besonders auszeichnete, war die konsequente Haltung des Pianisten. Schnyder stellte sich ganz in den Dienst der Werke, ohne interpretatorische Effekte in den Vordergrund zu rücken. Sein Spiel wirkte konzentriert, uneitel und stets auf den musikalischen Zusammenhang bezogen.