„Für mich soll’s rote Rosen regnen“

Kultur / 26.12.2025 • 11:13 Uhr
„Für mich soll's rote Rosen regnen“
Die große Hildegard Knef wäre am Sonntag 100 Jahre alt geworden. dpa

Zum hundertsten Geburtstag von Hildegard Knef: Schauspielerin, Sängerin, Autorin.

Schwarzach Mit Liedern wie „Für mich soll’s rote Rosen regnen“, „Im 80. Stockwerk“ und „Von nun an ging’s bergab“ prägte Hildegard Knef das deutschsprachige Chanson der Nachkriegszeit. Ihr Lied „Berlin, dein Gesicht hat Sommersprossen“ wurde zu einer viel zitierten Hommage an die damals noch geteilte Stadt. Die Künstlerin, die lange vor dem gängigen Gebrauch dieser Begriffe als Diva und Ikone galt, hätte am 28. Dezember 2025 ihren 100. Geburtstag gefeiert.

1952: Hildegard Knef und Karlheinz Böhm in einer Szene des Films "Alraune".
1952: Hildegard Knef und Karlheinz Böhm in einer Szene des Films “Alraune”. dpa

Sie wurde 1925 in Ulm geboren und wuchs in Berlin auf. Ihr Werk ist durchzogen von Erfahrungen des Krieges, von Verlust, Neuanfang und biografischen Brüchen, die sie weder ästhetisch glättete noch öffentlich verdrängte. Der Durchbruch gelang ihr 1946 mit der Hauptrolle in Wolfgang Staudtes Film „Die Mörder sind unter uns“. In den Folgejahren wurde sie zur Projektionsfigur eines neuen deutschen Selbstverständnisses, das von Schuld, Aufbruch und Verdrängung geprägt war.

„Für mich soll's rote Rosen regnen“
Mit Liedern wie „Ich glaub’, ’ne Dame werd’ ich nie” feierte sie auch als Sängerin Erolge. APA/dpa/Istvan Bajzat

Ihre Reise nach Hollywood war von Ambitionen getragen, blieb aber nicht frei von Enttäuschungen. Der Versuch, im internationalen Film Fuß zu fassen, machte ihr die Mechanismen des globalen Kulturbetriebs früh deutlich. In Deutschland sorgte sie in den frühen 1950er-Jahren für einen der ersten großen Kulturskandale der jungen Bundesrepublik, als sie im Film „Die Sünderin“ kurz nackt zu sehen war. Dieser Moment gab weniger Auskunft über Freizügigkeit als über gesellschaftliche Verkrampfung und machte Knef unfreiwillig zur Symbolfigur eines moralischen Kulturkampfes. Dass sie sich davon nicht einschüchtern ließ, sondern ihren Weg unbeirrt weiterging, gehört zu den Konstanten ihrer Biografie.

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Ab den 1960er Jahren verlagerte sich ihr Wirken zunehmend auf die Musik. Ihre oft autobiografisch grundierten Chansons verzichteten auf Pathos, suchten aber gezielt das Konkrete und Alltägliche. Ihr Vortrag lebte vom bewussten Bruch mit stimmlicher Glätte: rau, reduziert und ohne Sentimentalität. Mit Songs wie „Ich glaub’, ’ne Dame werd’ ich nie” oder „So oder so ist das Leben” fand sie Anschluss an eine Generation, die in ihrem Selbstverständnis zwischen Aufbruch und Ernüchterung oszillierte. Auch als Autorin fand Knef Gehör. Ihre Autobiografie „Der geschenkte Gaul” (1970) erreichte ein Millionenpublikum. Ihr nüchterner Stil und ihre Offenheit gegenüber Themen wie Krankheit, öffentlichem Druck oder Identitätszweifeln wurden als neuartig empfunden – auch, weil sie auf Selbststilisierung weitgehend verzichtete.

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Hildegard Knef war Schauspielerin, Sängerin, Autorin und öffentliche Person und entzog sich dabei stets eindeutiger Zuschreibung. Ihre Haltung war nicht auf Gefälligkeit, sondern auf Unabhängigkeit ausgerichtet. Dass sie sich künstlerisch immer wieder neu positionierte, gehört zu den Konstanten ihrer Laufbahn. Hundert Jahre nach ihrer Geburt ist ihr Werk noch immer präsent. In einer Kultur, die Ambivalenz nicht immer aushält, wirkt Knefs Radikalität der Selbstbeschreibung bemerkenswert aktuell. Die Künstlerin, die den Widerspruch nicht als Prinzip begriff, war nicht nur eine Stimme ihrer Zeit, sondern ist auch heute noch ein Korrektiv gegen kulturelle Vereinfachung.