Der Abverkauf von Lech
Irgendwie ist das Leben schon auch immer wieder gerecht: Für all unsere Handlungen folgt eine Rechnung. Viel zu spät, aber dennoch scheint man jetzt in Lech aufgewacht, ja aufgeschreckt zu sein, und hat als ersten Schritt die Handbremse in Form eines zweijährigen Baustopps für Investorenmodelle gezogen. Dennoch muss man die Frage stellen: Wie konnte man es nur so weit kommen lassen? Zu erkennen war bereits seit Jahren, dass Ex-Bürgermeister Ludwig Muxel einen auffälligen Hang zu edelkapitalisierten Kontostandscowboys hatte. In einer Form von postkolonialem Kniefall verneigte man sich in Lech vor Dunkelgeldnomaden, und ließ die Anwälte fluide Rechtsverträge konstruieren, frei nach dem Motto: Everything goes, weil cash ist fesch! Doch keine Macher ohne Mitmacher: Da müssten ja auch Gemeinderäte entsprechend mitgestimmt haben … Den Bergbewohnern hatte man lange Zeit Charaktereigenschaften zugeschrieben, die sich wie in bester Alpenluft aufgelöst zu haben scheinen: Das Maß der Dinge wahren, Bodenständigkeit, Bescheidenheit, Demut, Verantwortung gegenüber der Scholle. Diese Werte scheinen sich deutlich in Richtung kapitalisierter Ersatzerotik verschoben zu haben. Hermann Hesse schrieb einmal so treffend: Der Mensch erkennt das Paradies zumeist erst dann, wenn er daraus vertrieben wurde.
Lois Hechenblaikner,
Reith im Alpbachtal, Tirol