Herdenschutz

Leserbriefe / 18.03.2022 • 17:44 Uhr

Zum Bericht „Forderung nach Abschüssen von Wölfen“, VN vom 17. 3.:

Wenn es um (Über)Leben geht, geht es stark verkürzt um zwei Dinge: Energiestoffwechsel und Fortpflanzung. Dass große Beutegreifer sich (leider) nicht pflanzlich ernähren, liegt in ihrer Natur. Dass vorrangig der Wolf als „Todbringer“ dämonisiert wird, liegt daran, dass er verbotene Beute (Schafe) nascht, denen nur der Mensch den Tod bringen darf. Wesentlich seltener wird seine wichtige Rolle in der Natur betont. Jetzt, da der Sommer und damit die Alpsaison bevorstehen, muss medial
alarmiert werden, dass es ohne entsprechende Schutzmaßnahmen auch heuer wieder Konflikte gibt. Wie man diese Konflikte geringhalten kann, zeigen unsere Schweizer Nachbarn, die seit vielen Jahren auf Herdenschutz setzen. Niemand bestreitet, dass die Umsetzung dieser Maßnahmen anspruchsvoll ist. Einzelne vorgetragene Argumente sind teilweise nachvollziehbar, wie etwa, dass es unzugängliche Zonen gibt, in denen keine Zäune zum Schutz der Schafe verlegt werden können. Dass aber eine einzelne Spezies wie der Wolf eine „jahrhundertealte, herausragende Kulturleistung“ bedroht und die Landwirtschaft seinetwegen in eine Krise schlittert, ist jedoch angesichts mancher intensiv-landwirtschaftlichen Praktik einigermaßen grotesk. Herdenschutz kann nur dort funktionieren, wo alle Komponenten dieser, zugegeben hochgradig herausfordernden Schutzmaßnahmen durchdacht umgesetzt werden. Es wäre endlich an der Zeit, dass sich die Landwirtschaftspolitik intensiver mit dem Thema beschäftigt, anstatt borniert Abschüsse zu fordern.

Ulrike Schmid, MA,Götzis