Schachmatt

Leserbriefe / 07.11.2023 • 21:17 Uhr

und Feldkirch

Politik erscheint manchmal wie ein Schachspiel. Der Zug des Läufers hier hat Konsequenzen dort – diagonal am anderen Ende des Spielbretts. So bleibt immer die Frage nach den Mitbeteiligten am menschenunwürdigen Horror, der sich global gerade abspielt. Werden die Springer statt mit Weisheit, getrieben von Ehrgeiz und hinterlistigen Absichten geführt, so sind sie bald verloren, denn Machtgier richtet nur Schaden an. Mancher Spieler traut sich nicht, seine Dame hervorzuholen. Diese jedoch vermag die ihr innewohnende Stärke erst zu zeigen, wenn sie mitten ins Spiel gebracht. Wir aber verlangen nach deren Geradlinigkeit und Mut. Während wir uns gleichzeitig fragen, wo die Türme geblieben sind, die, ohne großes Aufsehen zu machen, in streitloser Übereinkunft schützen. Und dann, wenn der Spieler glaubt, ein perfektes Spiel entfaltet zu haben und das Schachmatt dem Gegner im nächsten Zug droht, kann die abgelaufene Zeit der Schachuhr alles beenden. Welche Uhr da neben uns tickt, wissen wir alle ganz genau. Schachzüge wie der Stadttunnel von Feldkirch muten an wie ein unbedachtes, sinnloses Bauernopfer, von matter Hand geführt. Auch wenn das Projekt von politischer Seite tausend Mal als minimal und konsequenzlos hingestellt wird, die Bauern schützen den König, und der ist nun mal unser Leben.

Silvia Reichart, Feldkirch