Dringender Appell
ans Brauchtum
Die aktuell stattfindenden Aktionswochen „16 Tage gegen Gewalt an Frauen“ sind der angemessene Zeitpunkt, um alle Funkenzünfte, Feuerwehren und das interessierte Publikum erneut darauf hinzuweisen, dass auch symbolische Gewalt stets Gewalt beinhaltet und dass das Verbrennen einer weiblichen Figur auf dem Funken Bilder schürt, die nicht nur bei den zuschauenden Kindern Schrecken auslösen. Nach wie vor laufen reale Frauen auf der ganzen Welt Gefahr, durch Verbrennen, Erschießen, Erstechen, durch Sittenwächter, (Ex)Partner und andere Gefahren getötet zu werden. Deshalb ist mit diesem Schreiben der inständige Appell verbunden, den Funkenbrauch endlich der heutigen Zeit anzupassen. Historisch gesehen gehört die Hexe nicht originär zum Funken und damit auch nicht zum immateriellen Kulturerbe. Erst im 19. Jahrhundert wurde sie hinzugefügt, weil das Funkenabbrennen in der Bevölkerung an Attraktivität einbüßte. Die Hexe aus den damals populär gewordenen Märchen versprach, das Spektakel aufzupeppen. Nur sind wir heute im Jahr 2023. Wir leben in einer herausfordernden Zeit und ohne Abstumpfung könnten wir die schrecklichen Bilder, die tagtäglich über die Medien an uns herangetragen werden, gar nicht ertragen. Setzen wir diesen Bildern doch unsere Sensibilität und Menschlichkeit entgegen! Und: Das Feuer des Funkens brennt genauso schön, wenn am Ende keine weibliche Figur symbolisch zu Tode kommt.
Brigitta Soraperra, Feldkirch