Der Böögg
Man muss wirklich nicht zu jedem medialen „Aufreger“ seinen Senf hinzufügen, aber manchmal werden einem Themen auf dem Silbertablett serviert. Geradezu amüsant habe ich die beiden nebeneinander abgedruckten Leserbriefe „Leitkultur Hexenverbrennen“ und „Funkenhexen“ vom 16. 2. empfunden. Herr Rottmar meint sarkastisch, man möge die Funkenhexe doch am besten schon im Kindergarten herstellen und sie zur Leitkultur erheben. Herr Juen rät, männliche statt weibliche Stoffpuppen zu verbrennen, „was wohl nur die allerdümmsten Männer aufregen würde“.
Nun denn, meine Herren, ich kann Ihnen beiden dienen. In der Schweiz wird alljährlich der „Böögg“ auf dem Funken verbrannt, eine männliche Gestalt, deren Herstellung ich in einer Volksschule im benachbarten Au selbst einmal miterleben durfte. Er gilt laut St. Galler Tagblatt als „Metapher für den Winter“ und explodiert hoffentlich möglichst schnell, denn dann wird der Sommer schöner. Männlich, kriegerisch-explosiv, schrecklicher Tod am Scheiterhaufen, und keiner (auch: keine!) regt sich auf. Und wer unbedingt den brauchtumsgeschichtlich falschen Bezug zur historischen Hexenverbrennung herstellen will, könnte das bei Männchen ebenso wie bei Weibchen, denn etwa ein Viertel der damals wegen Zauberei Verfolgten waren Männer. Es lebe der tierische Ernst, vor allem im Fasching und eine Woche danach!
Gerald Grahammer, Lustenau