Gedanken zum Sonntag. Von Pfarrer Ronald Stefani, Pfarrverband Altenstadt und Levis

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Ein warmer Sommerabend. Eine Gruppe von Leuten saß an so einem Abend draußen bei einem Glas Wein. Das Gespräch über die Neuigkeiten des Tages hatte sich erschöpft, bis es mit einer einzigen Frage ganz neu hervorbrach. Einer hatte sie gestellt. Aber jeder hörte sie als seine eigene Frage. Sie lautete in etwa so: Was ist dein wichtigstes Wort? Was ist dein wichtigstes Wort, das dich aufleben lässt, das dir Trost, Mut und Antrieb ist?
Die Antworten bei dem Gespräch waren so verschieden wie die Gesichter um den Tisch. Hatten sie etwas Gemeinsames? Einer nannte auf die Frage nach seinem wichtigsten Wort eine Landschaft, weit weg, irgendwo am Meer. Fernweh lag in diesem Wort. Er hatte eine gute Zeit dort verbracht. Eine andere nannte eine Tätigkeit, in der sie ganz aufgeht. „Dann fühle ich mich manchmal ganz in Übereinstimmung mit mir selbst und mit der Welt“, fuhr sie fort. Man mochte es ihr abnehmen, wenn sie so von ihrer Lieblingsbeschäftigung sprach. Einer nannte auch ein Kunstwerk. Er suche es oft auf, um es zu betrachten und zu bewundern. Wieder jemand anderer nannte eine Jahreszeit. Von diesen Wochen zehre er während der übrigen Monate. Zwischendurch erinnerte einer an Joseph von Eichendorffs Gedichtzeile: „Und die Welt hebt an zu singen, triffst du nur das Zauberwort.“
Mit welchem „Zauberwort“ beginnt meine eigene Welt zu singen? Welches Wort ist es bei mir, das mich bewegt, das mich aufleben lässt, das Trost, Mut und Antrieb gibt?
Würden wir diese Frage dem Evangelisten Johannes stellen, so könnte ich mir gut vorstellen, dass er uns sagt: Leben!
Leben – Johannes stellt das schon an den Beginn seines Evangeliums, wo er für uns bezeugt: „Im Anfang war das Wort … in ihm war das Leben, und das Leben war das Licht der Menschen …“. An einer anderen Stelle lässt er Jesus sagen: „Ich bin gekommen, damit sie das Leben haben und es in Fülle haben.“ Oder wieder an einer anderen Stelle: „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben.“ Und: „Ich bin die Auferstehung und das Leben.“
Leben – Auch im Evangelium am morgigen Sonntag (Joh 6,41-51) stellt Johannes dieses Wort ganz eng mit Jesus in Verbindung, der von sich sagt: „Ich bin das lebendige Brot … Wer von diesem Brot isst, wird in Ewigkeit leben.“
Leben – Das ist es doch, was wir alle immer wieder suchen: Sei es jetzt in den Urlaubstagen, an bestimmten Orten, bei entspannten Stunden; oder in der Familie, unter Freunden, bei Begegnungen … Wenn es um das Leben geht, um erfülltes Leben, dann hebt die Welt an zu singen. Es ist im Grunde genommen das Zauberwort des Menschen. Ob er sein Leben genießen und sich daran freuen kann oder ob er immer wieder nach erfülltem und sinnvollem Leben sucht.
Wenn Jesus vom „Leben“ spricht, meint er das ganze Leben. Er redet nichts schön und klammert das Schwere nicht aus. Er meint das Leben mit allen Höhen und Tiefen, mit allen Um- und Irrwegen, die es geben kann. Und da spielt auch die Ewigkeit mit. Sein Weg zeigt uns, wie trotz allem ein Leben in Fülle möglich ist und dass sich diese Fülle in der Ewigkeit einmal vollenden wird.
Auf diesem Weg sind auch wir alle unterwegs. Und Jesus bietet uns immer wieder an, diesen Weg mit ihm zu gehen: In seiner Nähe Kraft zu finden, Zuversicht und Freude, Orientierung und Sinn – eben das Leben in Fülle! Darum feiern wir Eucharistie, die Feier des Lebens! Hier verdichtet sich unser Leben ganz auf Jesus Christus hin! Hier feiern wir im großen Geheimnis des Todes und der Auferstehung Jesu sein Da-Sein ganz für uns!
„Und die Welt hebt an zu singen, triffst du nur das Zauberwort.“ – Noch eine Frage: Welches ist deines?
