Umdenken

Leserbriefe / 02.10.2024 • 18:59 Uhr

Vor ein paar Monaten war ich bei einer Gebets-Demo für Frauen, die eine Abtreibung machen wollen. Das Ziel war, dass es verboten wird, in Krankenhäusern Abtreibungen durchzuführen und allgemein Frauen zu bekehren, diese Entscheidung umzuändern. Ich war der festen Überzeugung, ich wisse es besser, was für die Frauen gut ist und müsse die Leute da unterstützen. Da war ich nun und betete mindestens zehn „Gegrüßest seist du Maria …“. Dann plötzlich fühlte ich mich so leer. Da kam in mir die Frage auf, warum ich das überhaupt tue. Habe ich da wirklich an das Wohl der Frauen gedacht? Oder ging es mir eher darum, dass ich recht habe? Hat nicht jede Frau auch das Recht, zu entscheiden, ob sie überhaupt Mutter sein will? Ist es nicht auch ein System, das Frauen dazu treibt, sich für eine Abtreibung zu entscheiden? Zum Beispiel wegen Geldsorgen, Machtmissbrauch, Vergewaltigung oder psychischem Druck etc. Plötzlich wurde mir klar, was für eine subtile Gewalt dahintersteckt. Ja, ich sehe es jetzt als psychische Gewalt, was ich da selbst gemacht habe. Als ich nach Hause ging, wusste ich, dass das das letzte Mal war, dass ich da dabei bin, weil es psychische Gewalt ist.

Katrin Grafschafter, Mäder