Propaganda-Waffe

Leserbriefe / 17.10.2024 • 18:19 Uhr

Einer VN-Glosse entnehme ich, dass sich Cyberangriffe – vornehmlich aus Russland – seit Kriegsbeginn verzehnfacht haben. Da kann man sich vorstellen, was nebst Spio-nage an Politpropaganda abläuft. Internet-Trolle durchsetzen ungestört unsere digitale Welt, entweder direkt (verdeckt) aus Russland oder mittels westlicher bezahlter oder freiwilliger Gefolgsleute. Eine raffinierte Masche ist dabei die Schein-Objektivität: Man spielt den Unparteiischen, der selbstverständlich auch die andere Sichtweise darstellen und die Wahrheit offenlassen muss. Das ist, wie wenn ich über meinen Nachbarn Verleumdungen in die Welt setze mit der Bemerkung: Das habe ich gehört, aber ich weiß es natürlich nicht sicher. Die primitivsten Kanäle erkennt man schon an ihrem aufgewühlenden Tratschgehabe. Unsere unabhängigen Medien sind gefordert, den roten Faden nicht zu verlieren und aus falschverstandener Ausgewogenheit Lügen-Multiplikatoren zu werden. Die Bandbreite russischer Beeinflussung reicht von schwer überprüfbaren raffinierten Manipulationen bis zum Skurrilen, denn auch für die ganz Naiven muss man liefern. Noch zwei Wochen nach Invasionsbeginn behauptete Putin zynisch, die Invasoren seien abtrünnige Ukrainer mit gekauften russischen Uniformen. In Russland gilt der bekennende Glauben der Untertanen gerade an die ungeheuerlichsten Märchen als Loyalitätsbeweis. Unsicherheit im Westen zu erzeugen, ist Putins Regime noch wichtiger, als eine fixe „alternative“ Wahrheit anzubieten. Orientierungslosigkeit und Vertrauensverlust dienen ihm als beste Waffe.

Gerald Grahammer, Lustenau