Regierungsbildung Schweiz

Leserbriefe / 10.11.2024 • 21:33 Uhr

Entgegen den Annahmen von Politikern und Leserbriefschreibern wird die Regierung in der Schweiz, der Bundesrat, nicht automatisch von den zwei stärksten Parteien gebildet. Stattdessen basiert ihre Zusammensetzung auf dem Prinzip der Konkordanz, das eine möglichst breite Einbindung der wichtigsten politischen Kräfte anstrebt. Traditionell setzt sich der siebenköpfige Bundesrat aus Vertretern der vier größten Parteien zusammen, wobei die Verteilung der Sitze die Parteistärken widerspiegelt. Dieses Modell wird oft als „Zauberformel“ bezeichnet und fördert die politische Stabilität und den Konsens in der Schweiz. Auch die Kantonsregierungen werden nicht automatisch von den zwei stärksten Parteien dominiert. Viele Kantone setzen auf Proporz- oder Mehrheitswahlsysteme. In der Regel bilden mehrere Parteien eine Allparteienregierung. Ziel ist es, ähnlich wie auf Bundesebene, eine möglichst repräsentative und stabile Regierung zu schaffen, die auf Konsens beruht. Darüber hinaus verfügen Schweizer Bürger neben dem Wahlrecht auch über ein umfassendes Stimmrecht zu Sachfragen. Sie können auf Bundes-, kantonaler und kommunaler Ebene Initiativen und Referenden zur Abstimmung bringen. Dies gewährt nicht nur erweiterte Mitbestimmungsrechte, sondern ermöglicht es auch, dass die Politik, einschließlich der Regierungen und Parteien, direkt vom Volk kontrolliert wird – was in dieser Form in Österreich, der EU oder den USA nicht möglich ist.

Heinz Müller, St. Gallen