Kommentar: Energiewende-Turbo
Die Regierung wirft wieder einmal den Turbo an: Mit einem neuen Gesetzesentwurf sollen „Vorhaben der Energiewende“ beschleunigt umgesetzt werden können. Das stellt sich jedenfalls Wirtschaftsminister Hattmannsdorfer vor, der diese Woche den Entwurf des Erneuerbaren-Ausbau -Beschleunigungsgesetzes“ präsentiert hat. Für alle Verfahren für Projekte der Energiewende (Wasserkraftanlagen, Windräder, PV-Anlagen) soll der Landeshauptmann zuständig sein, der eine Abteilung im Amt der Landesregierung oder die Bezirkshauptmannschaft mit der Abwicklung beauftragen kann. Der Erzeugung von Energie aus erneuerbaren Quellen wird ein „überragendes öffentliches Interesse“ zugestanden, das bei der Genehmigung entsprechend zu berücksichtigen ist.
Das Vorhaben dient auch der Umsetzung von Unionsrecht. Österreich macht allerdings wieder einmal Fleißaufgaben und geht deutlich über die Verpflichtungen gegenüber der EU hinaus. Das dient scheinbar einer guten Sache, nämlich der beschleunigten Abwicklung von Verfahren, die im Ergebnis der Unabhängigkeit des Landes von fossilen Energieträgern (und damit auch von ausländischen Mächten) und dem Klimaschutz dienen.
Allerdings ist nicht alles, was gut klingt, tatsächlich gut: Schon seit Jahrzehnten werden in den Bezirkshauptmannschaften Vorarlbergs die Verfahren gebündelt abgewickelt, ohne dass dies vom Gesetzgeber vorgeschrieben ist. Insoweit bringt das Gesetz nicht besonders viel Neues. Berechtigte Umweltschutzbedenken etwa gegen Windräder müssen genauso wie Einwände von Nachbarn auch in Zukunft berücksichtigt werden, da nützt das „überragende öffentliche Interesse“ an den Anlagen nichts. Und an der Notwendigkeit, Sachverständige beizuziehen, die, wenn das Projekt komplex ist, mitunter nicht leicht zu finden sind, werden die Behörden auch in Zukunft nicht vorbeikommen. Es ist daher einmal mehr erstaunlich, wie vollmundig die Politik davon spricht, die durchschnittliche Verfahrensdauer um Jahre zu verkürzen. Vermutlich vertraut man darauf, dass solche Aussagen beim ersten Hinhören geglaubt und später nie mehr nachgeprüft werden. Das parlamentarische Schicksal des Gesetzesentwurfs wird noch spannend: Der FPÖ geht der Energiewende-Turbo zu weit und die Grünen werden sich verbindlichere Ziele für den Ausbau der Erneuerbaren Energien wünschen. Da das Gesetz wegen der Eingriffe in die Länderkompetenzen eine Verfassungsmehrheit von zwei Dritteln im Nationalrat und Bundesrat benötigt, wird es die Zustimmung auch einer dieser beiden Parteien benötigen.
Peter Bußjäger ist Direktor des Instituts für Föderalismus und Universitätsprofessor in Innsbruck.
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