„Verantwortung“
Wenn ich einzelne Standpunkte der SPÖ, der FPÖ, der Grünen und der Neos teile, bin ich dann Sozialist, Freiheitlicher, Grüner, Neosanhänger? Ein politisches Chamäleon in schwarzer Grundfarbe? Ich wäre ein Populist der übelsten Sorte, wenn‘s für mich nur schwarz/weiß gäbe. Man muss beileibe kein Wahlforscher sein, um zu wissen, dass die sogenannten „einfachen Lösungen“ am leichtesten verfangen: Die FPÖ hat mit einfachen Parolen demokratische Wahlen „gewonnen“. Einverstanden. Aber niemand wollte und will den rhetorisch gewaltbereiten Rabauken Österreich überlassen. Was die ÖVP jetzt tut, ist nicht die Umkehr um 180 Grad von ihrer ursprünglichen Ansage, sondern sie tut es aus Verantwortung der Republik gegenüber. Auch wenn sie sich gerade deswegen von allen möglichen Seiten – speziell von links – Häme und Spott gefallen lassen muss. Österreich verdankt unter anderen der ÖVP seit Jahrzehnten einen verlässlichen Status in Europa und wir als dessen Bürger größtenteils einen soliden Wohlstand. Ja, in vielen Dingen wurde übers Ziel hinaus geschossen, Stichwort Vollkaskostaat. So manche Förderung war wohl einer Binsenweisheit geschuldet: „Wer schnell hilft, hilft doppelt.“ Dass es da, wie auch u. a. in der überbordenden Verwaltung Reparaturbedarf gibt, weiß man heute. Aber wenn das alles so einfach wäre, wie es diverse Strichmännchen lauthals angeboten haben, bräuchte es jetzt nicht derart lange Verhandlungen.
Norbert Gugganig, Dornbirn