Das Böse ist überall

Leserbriefe / 26.08.2025 • 18:47 Uhr

Niemand anderer im VN-Redaktionsumfeld ist ein so lupenreiner Vertreter von „Gesinnungsethik“ wie Harald Walser. Das äußert sich – noch weit mehr als bei Grün-Themen – in seiner Kategorisierung von Faschismus, den er undifferenziert dort anprangert, wo er ihn zu erkennen glaubt. Mit seinem Lieblingsthema „Austro-Faschismus“ wirft er Dollfuß und Schuschnigg, die sich, verlassen von den Westmächten und unter Einsatz und Verlust ihres Lebens gegen Hitler wehrten, in den ausdrucksmäßig selben Topf. Dabei deckt er die sehr seltsame historische Konstellation auf, dass sich „Faschisten“ gegen Faschisten wandten, wo diese doch ansonsten brüderlich verbündet, waren: Hitler – Mussolini (nach anfänglichen Differenzen) – Franco. Ausgerechnet beim Ukraine­krieg will Walser die grundsätzlich häufig zutreffende Einschätzung anwenden, dass „das ‚Böse‘ nicht selten nicht so eindeutig nur auf einer Seite zu finden ist“. Bravo, Herr Walser, da profilieren Sie sich als Putin-ein-Stück-weit-Versteher. Ich finde spontan keinen neuzeitlichen Krieg, der so eindeutig einen Aggressor und ein Opfer kennt. Zudem hängen Sie jener hauptsächlich in rechtsnationalen Kreisen Gehör findenden Erzählung an, wonach die Ukraine gleich nach Kriegsbeginn mit ein bisschen Konzessionsbereitschaft den Konflikt hätte beenden können. Kann ich davon ableiten, dass auch für Sie die besagten Rechtsnationalen nicht zwangsläufig in allem Unrecht haben müssen?

Gerald Grahammer, Lustenau