„Wir verzögern keine Verfahren“

Vorarlberg / 13.02.2018 • 20:19 Uhr
Walter Schmolly ärgert sich über die Vorwürfe des Innenministers.VN/Steurer
Walter Schmolly ärgert sich über die Vorwürfe des Innenministers.VN/Steurer

Caritas-Direktor Schmolly mahnt die Bundesregierung zu mehr Sachlichkeit.

Schwarzach Non-Profit-Organisationen würden in der Flüchtlingsbetreuung manchmal Asylverfahren absichtlich in die Länge ziehen, meinte Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) kürzlich. Ein Vorwurf, den Vorarlbergs Caritas-Chef Walter Schmolly zurückweist. Er fordert von der Regierung mehr Sachlichkeit bei sozialen Themen.

 

Verzögern Sie Asylverfahren?

Schmolly Mir ist wichtig, klarzustellen, dass die Caritas Vorarlberg mit der Flüchtlingshilfe keinen Cent Gewinn macht. Wir machen alles in enger Abstimmung mit dem Land und bekommen exakt das bezahlt, was es kostet. Wir verzögern keine Verfahren.

 

Wie groß ist der Anteil der Flüchtlingsbetreuung am Budget?

Schmolly Der variiert stark. Es gab Zeiten, da bestand die Flüchtlingshilfe aus vier Mitarbeitern. In der Hochphase waren es über 200, mittlerweile haben wir wieder 50 Stellen abgebaut. Der Anteil am Gesamtbudget ist 2018 noch bei rund 35 bis 40 Prozent.

 

Wieso dauern Asylverfahren so lange?

Schmolly Wenn es zu Verzögerungen kommt, dann deshalb, weil viele in den ersten zwei Jahren noch nicht einmal das Erstgespräch hatten. Dafür ist das Innenministerium verantwortlich. Alleine in den von der Caritas betreuten Quartieren in Vorarlberg gibt es über 200 Asylwerber, auf die das zutrifft. Es ist schon sehr eigen, wenn man diese Verzögerung nicht angeht, sondern versucht, sie zu verdecken, indem man auf Andere zeigt.

 

Also ein unbegründeter Vorwurf?

Schmolly Wenn der Innenminister solche Unterstellungen streut, dann soll er sagen, wo er das sieht. Bei der Caritas Vorarlberg sicher nicht. Aber wenn er es nicht konkret machen kann, dann wäre es ein Gebot der Fairness, auf solche Unterstellungen in der Öffentlichkeit zu verzichten. Die Regierung agiert so, als hätte sie den Schritt vom Wahlkampf in die Regierungsverantwortung noch nicht gemacht.

 

Wie meinen Sie das?

Schmolly Es ist die Zuspitzung, die eine Wahlkampfkommunikation kennzeichnet. Ich erwarte mir aber eine sachliche Kommunikation mit der Bevölkerung. Über vieles, was der Innenminister sagt, kann man ja nachdenken. Aber man sollte das faktenbezogen und sachlich tun. Er überlegt sich zum Beispiel, Turkmenistan als sicheres Herkunftsland zu bestimmen. Dabei geht es um zwei Asylwerber pro Jahr. Da kann ich die sachliche Basis für die Überlegung nicht erkennen.

 

Kickl möchte sich auch „Asyl auf Zeit“ ansehen.

Schmolly Es ist ja interessant, wie er das begründet. Weil Kapazitäten seiner Beamtenschaft frei werden, möchte er diese Themen stärker spielen. Aber wenn man Kapazitäten nicht mehr braucht, kann man sie auch abbauen. Die Organisationen, die in der Flüchtlingshilfe tätig sind, wissen das. „Asyl auf Zeit“ ist sehr theoretisch. Die Situation in Syrien und Afghanistan, woher die meisten Flüchtlinge in Österreich kommen, ist schlechter als je zuvor. Auch für diese Diskussion fehlt letztlich die sachliche Basis.

 

Die Regierung will auch die Betreuung voll verstaatlichen, weil sie die Hoheit über die Verfahren möchte.

Schmolly Die Verfahren haben mit den Betreuungseinrichtungen nichts zu tun, sondern werden über das BFA abgewickelt, einer Einrichtung des Innenministeriums. In Vorarlberg sind übrigens 85 Prozent der Quartiere für weniger als 25 Personen. Es braucht aber auch ein paar große und regionale Verteilung. Das hat sich in Vorarlberg bewährt. Es gibt ein funktionierendes System und massiv rückläufige Asylzahlen. Warum muss man nun diese Diskussion führen?

 

Wenn Sie einen Wunsch an die Regierung hätten, welcher wäre das?

Schmolly Ich würde mir bei sozialen Themen einen sachlicheren, differenzierteren und konkreteren Blick wünschen. Die Debatten laufen in einem sehr einfachen Schema zwischen Leistungswilligen und Leistungsverweigerern ab. Aber Menschen, die Unterstützung brauchen, sind nicht bloße Leistungsverweigerer. Bisher wurde eher Verunsicherung gestreut, wenn ich etwa an die Abschaffung der Aktion 20.000 denke, ohne dass man eine andere Perspektive auftut.

Interview Caritas-Direktor Walter Schmolly zu aktuellen Asylplänen (asyl auf zeit etc) der Regierung.

Interview Caritas-Direktor Walter Schmolly zu aktuellen Asylplänen (asyl auf zeit etc) der Regierung.

Interview Caritas-Direktor Walter Schmolly zu aktuellen Asylplänen (asyl auf zeit etc) der Regierung.

Interview Caritas-Direktor Walter Schmolly zu aktuellen Asylplänen (asyl auf zeit etc) der Regierung.

Interview Caritas-Direktor Walter Schmolly zu aktuellen Asylplänen (asyl auf zeit etc) der Regierung.

Interview Caritas-Direktor Walter Schmolly zu aktuellen Asylplänen (asyl auf zeit etc) der Regierung.

Interview Caritas-Direktor Walter Schmolly zu aktuellen Asylplänen (asyl auf zeit etc) der Regierung.

Interview Caritas-Direktor Walter Schmolly zu aktuellen Asylplänen (asyl auf zeit etc) der Regierung.