Loacker: „Arbeitnehmer fühlen sich verschaukelt“

ÖGB-Chef gibt Industriellen-Boss in seiner massiven Regierungskritik Schützenhilfe.
Schwarzach. Die massive Kritik, die der Vorarlberger-IV-Präsident Hubert Bertsch in den VN an den Regierungsparteien übte, sorgte in den Medien und bei den Sozialpartnern für riesiges Aufsehen, bei den meisten für Zustimmung. Und auch der Präsident des Gewerkschaftsbundes in Vorarlberg, Norbert Loacker, freut sich über die klaren Worte des unternehmerischen Gegenübers.
Nun doppelt er die Abrechnung Bertschs mit der derzeitigen bzw. künftigen Regierung nach. „Die Stimmung bei den Arbeitnehmern ist miserabel, sie fühlen sich von der Politik verschaukelt“, beschreibt er seine Wahrnehmung aus den Betrieben.
Er wisse, was zu tun sei, um verlorenes Vertrauen zumindest teilweise zurückzugewinnen. „Jetzt braucht es sofort einen echten Kassensturz, was das Budgetloch betrifft, aber vor allem auch bei den Pensionen“, fordert er und glaubt dennoch nicht an die Lernfähigkeit seiner Parteifreunde wie deren Partnern in der ÖVP. „Die agieren völlig abgehoben, die haben überhaupt nichts gelernt. Dabei müssten sie nur einmal auf das Gefühl hören.“
Kleine Einkommen verlieren
Es ginge nicht an, dass die Familien und Bezieher normaler Einkommen schon wieder die Verlierer seien. Und er macht eine Rechnung auf, die „die da oben“ so sicher nicht machen: „Von den geforderten 100 Euro im Metaller-KV wurden 52 Euro erzielt. Beim Arbeitnehmer kommen noch 27 Euro an.“ Das sei nicht viel, egal wie man es drehe und wende, und er sei sich sicher, dass den Gewerkschaftsbossen, die zudem noch im Nationalrat sitzen, überhaupt nicht bewusst sei, wie knapp diese Gehälter seien. Und er leitet damit zu den Pensionen über.
Mit einem Foto dokumentiert er, dass vor genau zehn Jahren Tausende Menschen auf die Straße gegangen sind, um gegen Pensionsprivilegien zu demonstrieren. Was seither passiert sei? „Nichts, absolut nichts“, donnert er. Im Gespräch mit den VN fordert er, dass bei den Pensionen alles auf null gestellt werde, egal, welche Privilegien man derzeit habe. „Ich weiß nicht, was sich der Betriebsrat der Nationalbank denkt, wenn er dieses System verteidigt“, so Loacker. „Gehälter, Löhne, Pensionen, brutto wie netto, müssen auf den Tisch.“
Die letzte große Koalition
Mit Bertsch konform geht der Arbeitnehmerführer, was die Verantwortung der Politiker betrifft. Es müsse die Möglichkeit für Sanktionen geschaffen werden, wenn mit dem Geld der Bevölkerung so verantwortungslos gehaushaltet werde, er fühlt sich wie der Industriellenchef bei den Wahlen regelrecht hintergangen. Und in ihm dräut eine Erkenntnis, die für einen Gewerkschafter nicht selbstverständlich ist: „Ich komme immer öfter zur Erkenntnis, dass nicht die Unternehmen bestreikt werden sollen, die richtigen Gegner sitzen meistens in der Politik.“ Er werde auch weiterhin keine Gelegenheit auslassen, den Finger in die Wunde zu legen. Und der Regierung droht er: „Wenn jetzt nichts passiert, wird das die letzte große Koalition sein.“