Rosinenpicker über’m Rhein
Man hätte es sich denken können. Auch wenn bis Samstag alles gegen die Annahme der Intitiative „Gegen Masseneinwanderung“ der rechtsgerichteten Schweizer Volkspartei sprach, so einfach lässt sich der Deutschschweizer nicht beeinflussen. Und sie zeigten es all den Vernünftigen, all den Meinungsforschern und natürlich den verhassten Piefkes.
Ein echter Eidgenosse, zumal auf unserer Seite des Röstigrabens, lässt sich nicht ins Bockshorn jagen. Nicht von Städtern, nicht von der Wirtschaft und schon gar nicht von der Europäischen Gemeinschaft. Es scheint, dass man mit dieser Haltung viel zu oft Erfolg hat. Denn ganz ehrlich: Die Schweizer haben in den vergangenen Jahren alles getan, um den europäischen Nachbarn zu zeigen, was sie von ihnen halten. Die Verträge mit der EU sind meist das Papier nicht wert, auf dem sie geschrieben wurden. Wenn es Tells Nachfahren nicht passt, finden sie Wege und Schikanen, die bereits ausverhandelte Rechte wieder in Frage stellen, die jene hinhalten, die aufgrund dieser Abmachungen z. B. in der Schweiz arbeiten.
Beispiele gefällig: Weil sie große Aufträge witterten, fanden Zürcher Taxifahrer irgendwelche Vorwände, die Vorarlbergs Taxifahrer das quasi „erfahrene“ Recht verwehren sollen, am Flughafen Gäste aufzunehmen. Der Streit dauert nun schon seit Jahren und die Schweizer haben gute Chancen zu siegen. Vorarlberger Handwerker, die in der Schweiz Aufträge ausführen wollen, werden von den Behörden regelrecht zermürbt, mit hohen Strafen wegen kleiner Vergehen belegt, am Arbeiten gehindert. Nun also die Personenfreizügigkeit: Nur beleidigt sein, wird diesmal nicht mehr genügen. Es kann doch nicht sein, dass nur wir uns an Abmachungen halten und sich die Nachbarn überm Rhein nur die Rosinen aus den Verträgen picken.
Unnötig zu erwähnen, dass der Chefideologe und Zünsler der SVP seinen Milliardenkonzern längst internationalisiert hat, in ganz Europa Filialen unterhält. Für ihn kein Widerspruch und auch nicht für jene, die wieder einmal gezeigt haben, dass man „mit ihnen nicht alles machen kann“. Die Abstimmung ist auch ein Signal an die eigenen Landsleute jenseits des Röstigrabens. Denn von denen halten die „währschaften“ St. Galler und Thurgauer, Ausserrhoder und Innerrhodener ebenfalls nicht viel. Fremdsprachige halt. Und schon deshalb verdächtig, weil sie schon für den Beitritt zur EU gestimmt haben. Die Deutschschweizer haben uns einmal mehr vor den Kopf gestoßen, es ist zu hoffen, dass die EU diesmal keine
Kompromisse mehr eingeht.
andreas.scalet@vorarlbergernachrichten.at, 05572/501-862
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