Wirte reagieren “allergisch”

Unmut in der Gastronomie über zu viel Bürokratie bei Allergen-Kennzeichnung.
Feldkirch. Den Allergiker freut’s, die heimischen Wirte und Hoteliers umso weniger. Denn die EU will, dass ab Dezember alle allergenen Stoffe in Lebensmitteln gekennzeichnet werden. Das bedeutet für die Gastronomie, dass alle Speisen genau ausgewiesen werden müssen, die Allergien und Unverträglichkeiten auslösen können. Dazu gehören glutenhaltiges Getreide, Krebstiere, Sellerie, Eier, Milchprodukte oder Nüsse. Wie diese Kennzeichnung genau aussehen soll, war zunächst unklar. Diskutiert wurde darüber, dass sämtliche allergenen Stoffe in Speisen und Getränken auf der Speisekarte angeführt werden müssen. „Bei jeder kleinen Veränderung eines Gerichts – sei es die Sauce, die Beilage oder ein Gewürz – hätte man jedesmal die Speisekarte neu schreiben müssen. Das Bestreben unserer Küchenchefs, mit frischen, regionalen Produkten und vor allem saisonal zu kochen, wäre durch solche Vorschriften völlig zunichte gemacht worden“, schüttelt Andrew Nussbaumer, Wirt und Obmann der Vorarlberger Gastronomie in der Wirtschaftskammer, den Kopf.
„Typisch bürokratisch“
Im jetzt vorliegenden Verordnungsentwurf wurden die Pläne der EU etwas entschärft, es genügt, wenn in jedem Betrieb in Hinkunft eine fachkompetente Person Auskunft über die Verwendung von allergenen Stoffen geben kann. Es drohe aber nach wie vor ein unsinniger Aufwand für die Unternehmer, klagt Nussbaumer. „Typisch bürokratisch und realitätsfremd sind die wieder einmal inakzeptablen Begleiterscheinungen in Form von geplanten Dokumentations- und Schulungsvorschriften, die lediglich dem staatlichen Kontroll- und Verwaltungsapparat Arbeitsplätze sichern, aber niemand anderem von Nutzen sind“, so der Branchensprecher weiter. Man akzeptiere zwar das Einsetzen einer fachlich kompetenten Person, jegliche Dokumentationspflichten gehören jedoch komplett gestrichen. Mit Argusaugen betrachtet die Branche die kommende Leitlinie über Schulungspflichten im Zusammenhang mit allergenen Stoffen. „Hier gilt es ebenfalls Augenmaß zu behalten. Es kann beispielsweise nicht sein, dass unsere Mitarbeiter wochenlange teure Kurse belegen müssen“, warnt Nussbaumer.
Denn unabhängig von dieser Verordnung seien die von Gesetzgeber und Behörden verursachte Bürokratie für die Unternehmer in Gastronomie und Hotellerie längst ausgeufert und untragbar geworden (siehe Factbox). „Hier muss seitens des Gesetzgebers ein Umdenken stattfinden“, verlangt Nussbaumer. „Die Grenze des Erträglichen wurde bereits überschritten.“
Ein unsinniger bürokratischer Aufwand für die Wirte.
Andrew Nussbaumer
Beispiel für Bürokratie
» Gefahrenevaluierung: 150 bis 200 Std./Jahr
» Beurteilung psychischer Belastungen: ca. 5000 Euro/Jahr
» Brandschutz: ca. 15.000 Euro/Jahr
» Kosten für barrierefreies Bauen
» Lüftung auf aktuellem Stand: ca. 10.000 bis 15.000 Euro/Jahr
» Hygiene-Schulungen: Zeitaufwand und Kosten ca. 5000 Euro/Jahr
» gesetzlich vorgeschriebene Beauftragte und Dokumentationspflichten:
ca. 8000 bis 10.000 Euro/Jahr