Ländle profitiert von Osterweiterung

Tschechien, Slowakei, Ungarn und Polen haben wirtschaftlich gegenüber den alten EU-Ländern aufgeholt.
Schwarzach. (VN-toh) Der Einkommensabstand ist um ein Drittel geschrumpft, die inländische Kaufkraft habe knapp zwei Drittel des Durchschnitts der EU-15 erreicht, sagte der Osteuropa-Chefanalyst der Erste Group, Juraj Kotian. Kotian schätzt das durch die EU-Mitgliedschaft generierte zusätzliche Wirtschaftswachstum der vier Visegrád-Länder (V4) auf etwa einen Prozentpunkt jährlich. Die Wirtschaftsleistung pro Kopf sei in diesen Ländern schneller gewachsen als in den EU-15. Die 64 Millionen Einwohner der V4 machen 13 Prozent der Gesamtbevölkerung der EU-28 aus, der Anteil an der Wirtschaftsleistung der heutigen EU-28 betrug vor zehn Jahren nur 3,7 Prozent, heute beträgt er 5,4 Prozent.
Zweitgrößte Autoproduzenten
„Die Exporte haben sich während des letzten Jahrzehnts mehr als verdreifacht und sie haben das Exportwachstum der alten Länder weit übertroffen“, sagte Kotian. „Die V4 sind in absoluten Zahlen der viertgrößte Exporteur der ganzen EU.“ Darüber hinaus seien sie zum zweitgrößten – nach Deutschland – Autoproduzenten in der EU geworden.
Zu den Hauptgewinnern der EU-Erweiterung hätten auch Deutschland und Österreich gehört, sagte der Ökonom und Demografie-Experte Rainer Münz. 2003 gingen demnach 8,9 Prozent der österreichischen Ausfuhren in die V4, 2012 waren es schon 12,4 Prozent. Lediglich Ungarn hat als Exportmarkt für Österreich an Bedeutung verloren, hier sank der Anteil von 3,6 auf 2,9 Prozent der Gesamtexporte.
Christina Marent, Leiterin der Außenwirtschaft, ist sogar davon überzeugt, dass „kein anderer Mitgliedsstaat von der EU-Erweiterung um die Länder aus Mittel- und Osteuropa so stark profitiert hat wie Österreich. Unser Land ist ins Zentrum Europas gerückt.“ So haben sich die Exporte der Vorarlberger Wirtschaft nach Polen seit 2005 auf 199 Millionen Euro verdreifacht. Aus Slowenien hingegen wurden mit 76 Millionen Euro fünf Mal so viel Waren importiert wie noch im Jahr 2005.
Weiteres Potenzial
Dadurch habe auch die Vorarlberger Exportwirtschaft wichtige Impulse erhalten, insbesondere durch den Wegfall der Zölle und eine verstärkte Marktbearbeitung dieser neuen Märkte, in denen noch weiteres Potenzial vorhanden ist.
Profitiert hätten die neuen EU-Mitgliedsländer nicht nur wirtschaftlich, betont der Bevölkerungsexperte Rainer Münz. Seit 2001 sei die Lebenserwartung in den vier Ländern um mehr als zwei Jahre gestiegen.
Noch hätten die vier Länder aber viel Aufholpotenzial, ist sich Kotian sicher. So sollte etwa Tschechien die Korruption im Lande stärker bekämpfen, Ungarn die EU-Förderungen besser nutzen und die öffentlichen Ausgaben zurückfahren, Polen mehr in Forschung und Entwicklung investieren, und die Slowakei ihren Arbeitsmarkt flexibler gestalten, rät der Erste-Ökonom.