„Innovation ist unsere Überlebenschance“

Lustenau. Die Stickereien von Hämmerle & Vogel zieren die Wäsche von Victoria‘s Secret, Triumpf oder Agent Provocateur sowie Mode von Chanel. Im Interview spricht Geschäftsführer Markus Hämmerle über die vergangene Strukturbereinigung, Innovation, Konkurrenz aus Asien, und ob er mit einer Kollektion auch schon mal daneben lag.
In der einstigen Sticker-Hochburg Lustenau hat es in den vergangenen Jahren eine Strukturbereinigung gegeben. Mit welcher Strategie hat Hämmerle & Vogel die damalige Krise gemeistert?
Hämmerle: Die Stickereibranche ist stark abhängig von der Konjunktur und der Mode. Fatal ist, wenn schlechte Konjunktur mit schlechter Mode zusammentrifft. Daran konnten wir bislang vorbeischiffen. Die Problematik damals war der große China-Boom. Jeder wollte alles billiger haben, aber in der gleichen Qualität. Das hat nicht funktioniert. Auch wir mussten anfangen in Asien zu produzieren, weil unsere Kunden das wollten. Gemeistert haben wir diese Krise dadurch, dass wir sehr viel Wert auf Innovation und Kundenzusammenarbeit gelegt haben. Wir haben uns flexibel ausgerichtet. Die Flexibilität ist das, was die Sticker grundsätzlich auszeichnet.
Sie besticken Dessous und Damenoberbekleidung für einige der bekanntesten Modehäuser und Hersteller der Welt. Gibt es in dem Segment auch den Konkurrenzdruck aus Billiglohnländern?
Hämmerle: Das gibt es schon auch. Es gibt wenige, wie zum Beispiel Chanel, wo es kein Thema ist, in Asien zu produzieren. Aber im Wäschebereich gibt es die Problematik schon, weil viel in Asien konfektioniert wird. In Asien haben wir Kooperationspartner, die mit unserem Design und unserem Know-how für uns produzieren. Zudem haben wir eine Vertriebsfirma in Shanghai, wo wir fakturieren.
Zusätzlich haben Sie immer wieder innovative Projekte realisiert, beispielsweise gestickte Briefmarken. Sind das Prestige-Projekte oder verdient man damit auch Geld?
Hämmerle: Sowohl als auch. Wir haben doch 400.000 Stück davon produziert. Die Briefmarke ist ein Zeichen unserer Innovation. Wir haben gezeigt, was man alles machen kann. Wir haben Briefmarken für Österreich und Thailand gemacht. Aber das kommt und geht wieder. Unsere Kernkompetenz bleibt trotzdem die Damenunterwäsche.
Wie innovativ kann oder muss man als Sticker sein?
Hämmerle: Man muss sehr innovativ sein und das ist auch unsere einzige Überlebenschance. Wir holen unsere Ideen aus den internationalen Modezentren, wie Mailand, New York oder Shanghai. Dort finden wir Sachen, die wir neu kombinieren, um etwas Neues zu erschaffen. Das ist ein großes Thema. Innovativ muss man auch darin sein, wie wir am Markt auftreten. Ich muss wissen, welche Aktivitäten ich setzen muss, wenn sich ein Markt verändert. Da sind die Sticker sehr stark. Man ist nach Afrika gegangen, hat Trachten und Brautkleider gemacht, genauso wie technische Stickereien.
Inwieweit sind technische Stickereien für Sie ein Thema?
Hämmerle: Wir haben beispielsweise eine Pleuelstange aus Stickereien gemacht. Inwieweit technische Stickereien aber erfolgreich sein werden, weiß ich nicht. Und die Frage ist auch, wo fängt die technische Stickerei an. Technik beginnt für mich schon dann, wenn wir wissen, dass Madonna und ihre Tanztruppe Hämmerle & Vogel-Stickereien als Dessous trägt. Sie müssen tanzen und wir schauen, dass es stabil ist und eine tolle Passform hat.
War Hämmerle & Vogel auch in Afrika aktiv?
Hämmerle: Da haben wir uns fast komplett herausgehalten. Das ist ein komplett anderes Geschäft. Es ist sehr stark personifiziert. Aber es gibt einige Sticker in Vorarlberg, die das sehr gut machen. Vom Gesamt-Volumen her ist der Afrika-Anteil höher als der in Europa.
Sie müssen jährlich mehrere Kollektionen entwickeln, ist das nicht ein großer Druck für Sie? Und lagen Sie auch schon mal daneben?
Hämmerle: Das kommt schon vor. Oft kommt es auch vor, dass wir zu früh sind – beispielsweise mit Farben. Denn wir bekommen sehr frische Informationen vom Markt, die wir dann entwickeln. Aber dann ist es nicht umsonst, weil es dann eben später kommt und wir die Kompetenz haben. Dasselbe, wenn man uns kopiert. Dann weiß man, dass man vorne dabei ist.
Wie sehen Sie die Zukunft der Stickerei-Industrie in Vorarlberg?
Hämmerle: Ich glaube, dass die Zukunft genau gleich ist. Es geht darum, eine große Innovationskraft zu haben und extrem flexibel zu bleiben. Die Stickerei-Industrie hat immer wieder bewiesen, dass sie das kann. Sehr wichtig ist auch die Kundenverbindung. Wenn zum Beispiel Leute von „Victoria’s Secret“ aus New York kommen und mit uns Dinge entwickeln, erfüllt mich das mit Stolz.
Dass ein Weltstar wie Madonna unsere Stickereien trägt, macht uns stolz und gibt uns Antrieb.

Kennzahlen
» Gegründet: 1959 von Komm.Rat Heinz Hämmerle
» Standorte: Lustenau (Design, Entwicklung und Verwaltung), Shanghai
» Mitarbeiter in Lustenau: 40
» Produktion: rund 200 Designs jährlich, technische Stickerei, Sonderformen wie Briefmarken für die österreichische und thailändische Post
» Kunden (Auszug): Victoria´s Secret, Agent Provocateur, Triumph, Chanel und Akris
Zur Person
Betr. Oec. Markus Hämmerle MBA
Geschäftsführer und Kommanditist der Hämmerle & Vogel Gesellschaft m.b.H. & Co KG in Lustenau; Gesellschafter und Gesellschafter EMTEX Stickerei-Gesellschaft m.b.H., Lustenau
Geboren: 4.8.1961
Ausbildung: nach der Pflichtschule Abschluss einer kaufmännischen Ausbildung; berufsbegleitend zwei Studien (BWL und MBA)
Laufbahn: vor 30 Jahren Eintritt ins Lustenauer Familienunternehmen Hämmerle & Vogel
Familie: verheiratet mit Iris, zwei Kinder (Lara und Valentin)