Andreas Scalet

Kommentar

Andreas Scalet

Finanzminister, bitte aufwachen

Markt / 28.05.2014 • 22:14 Uhr

Wer nicht hören will, muss fühlen. Obwohl der Ruf nach Steuergerechtigkeit immer lauter wird, verharrt ÖVP-Finanzminister Michael Spindelegger in seiner Trotzpose. Vielleicht, weil er einfach nicht richtig hört, dann sei ihm ein Besuch beim Hörgeräteakustiker angeraten, vielleicht, weil er einfach keine Idee hat, wie man ein zutiefst ungerechtes Steuersystem umbauen kann, vielleicht aber auch, weil er es gar nicht will. Und in bewährter Weise darauf hofft, dass die schon wieder Ruhe geben, wenn man lange genug einfach nichts tut.

 

Mit dieser Methode haben es die beiden „Großparteien“ ÖVP und SPÖ immerhin 70 Jahre lang geschafft, dieses Land abwechselnd zu regieren. Nun aber sind wir an dem Punkt angekommen, den andere Länder schon früher erreicht haben. Das System ist marod, es kann sich offenbar aus eigener Kraft nicht mehr erneuern. Eine ideenlose Regierung, die sich von Wahl zu Wahl hangelt, ohne etwas weiterzubringen – im Gegenteil: Die Österreich langsam ins Abseits führt.

 

Die Unzufriedenheit ist nicht nur eine gefühlte, wie von den oben angesprochenen Politikern immer wieder behauptet wird. Lohnabhängige Menschen haben seit vielen Jahren keine reale Lohnerhöhung mehr bekommen, die Arbeitskosten für die Arbeitgeber steigen dennoch in schwindelnde Höhen. Interessenvertreter von der Industriellenvereinigung bis zur Gewerkschaft, von der Wirtschafts- bis zur Arbeiterkammer, beklagen diese Situation in zunehmend drastischeren Worten. Alleine, ihr Wort gilt nichts am Ballhausplatz und in der Johannesgasse – es regt sich jedenfalls nichts.

 

Der Clubzwang im Parlament macht außerdem aus aufmüpfigen Bundesländer-Hühnern, die laut gackern, wenn sie weit genug von ihrer Aufsicht entfernt sind, wieder braves Stimmvieh. Es fragt sich wirklich, was es denn braucht, damit dieses parlamentarische Stimmvieh einmal aufhört, die Stallorder umzusetzen. Was es braucht, dass Parlamentarier, die schließlich aus den Steuern bezahlt werden, die der arbeitenden Bevölkerung Monat für Monat abgezogen werden, wieder ihre Aufgabe als eigenständige Institution, die „der Regierung auf den Zahn fühlt“ (Eigenbeschreibung Parlament), wahrnehmen.

 

Reicht der Weckruf der West-Arbeiterkammern, damit die Regierung tätig wird? Reagieren unsere politischen Führer auf die Forderungen ihres Volkes? Oder braucht es drastischere Mittel, z. B. einen Steuerboykott, damit endlich was passiert?

andreas.scalet@vorarlbergernachrichten.at, 05572/501-862