Russland-Sanktionen könnten Firmen viele Millionen kosten

Markt / 31.07.2014 • 22:22 Uhr
Russland-Sanktionen könnten Firmen viele Millionen kosten

Vorarlbergs Wirtschaft exportiert 260 Millionen Euro. Einbußen von 20 Prozent drohen.

Schwarzach. (VN-reh) Nun ist es fix: Ab heute gelten offiziell die Wirtschaftssanktionen der EU gegen Russland. Das haben die Staats- und Regierungschefs der 28 EU-Staaten gestern beschlossen. Zu den Maßnahmen zählen die Erschwerung des Zugangs russischer Banken zu den Kapitalmärkten der EU, ein Waffenembargo, ein Ausfuhrverbot für sowohl zivil als auch militärisch nutzbare Güter an die russischen Streitkräfte sowie ein Lieferstopp für Spezialgeräte zur Ölförderung. Weiters sieht das Maßnahmenpaket auch eine Ausweitung der Sanktionen gegen einzelne Personen, Firmen und andere Einrichtungen sowie den Stopp von finanziellen Zuwendungen durch die Europäische Investitionsbank und die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung vor. Zudem wird eine Verringerung der bilateralen Kooperation zwischen Russland und der EU ins Auge gefasst. Was für die EU-Politiker eine Notwendigkeit ist und eine „Verpflichtung zum Schutz der Bürger“, wird so manchen Unternehmer hierzulande nicht freuen. Denn Russland spielt auch für Vorarlbergs Unternehmen eine wichtige Rolle und niemand weiß, wie Russlands Gegenmaßnahmen ausfallen.

260 Millionen an Export

Allein im Jahr 2013 wurden aus Vorarlberg Waren im Wert von 260 Mill. Euro nach Russland geliefert. Das entspricht einem Plus von 19,4 Prozent gegenüber 2012. Nimmt man das Jahr 2011 noch her, haben sich die Exporte nach Russland um über 61 Prozent gesteigert. „Das alles macht Russland für uns zum insgesamt achtwichtigsten Markt weltweit und zum zweitwichtigsten Ausfuhrmarkt (nach den USA) außerhalb der EU“, betont Christina Marent, Leiterin der Abteilung Außenwirtschaft in der Wirtschaftskammer Vorarlberg. Russland sei für Vorarlberg ein immer wichtiger werdender Wirtschaftsmarkt mit Tendenz zu weiteren Steigerungen. „Natürlich haben da auch die Topleistungen unserer Unternehmen im Rahmen der Olympischen Spiele in Sotschi und daran anknüpfende Nachfolgegeschäfte viel dazu beigetragen. Daher werden die EU-Sanktionen nicht spurlos an den Vorarlberger Firmen vorübergehen“, ist Marent überzeugt.

Partner und Zukunftsmarkt

Auch Vorarlbergs IV-Präsident Hubert Bertsch, selbst seit über 30 Jahren in der damaligen Sowjetunion und den heutigen Nachfolgestaaten tätig, stand möglichen Sanktionen im Vorfeld immer kritisch gegenüber. „Europa kann es sich und wir Unternehmer wollen es uns nicht leisten, auf diesen Wachstumsmarkt vor unserer Haustüre zu verzichten“, betonte er bereits im April im VN-Gespräch. „Wirtschaftssanktionen sind kein probates Mittel, um den Frieden wieder herzustellen“, ergänzt IV-Geschäftsführer Mathias Burtscher.

Das Außenwirtschaftscenter in Moskau rechnet mit Einbußen für die österreichische Exportwirtschaft von rund 20 Prozent. Das wären immerhin 700 Millionen Euro österreichweit und allein 52 Millionen in Vorarlberg. Das hänge allerdings auch davon ab, wie lange die Sanktionen dauern und wie Russland reagiert. Für manche Unternehmen könne das zu einer ernsten Situation führen, allerdings werde nicht damit gerechnet, dass das Geschäft mit Russland komplett wegbreche. 1200 österreichische Firmen machen in Russland Geschäfte – davon haben 550 eigene Niederlassungen.

Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl warnt indes davor, die Wirtschaft als Instrument der Politik zu missbrauchen. Auch er geht davon aus, dass Österreichs Exporte nach Russland heuer voraussichtlich um ein Fünftel einbrechen.

Es bleibt also abzuwarten, in welchem Ausmaß die Sanktionen den Unternehmen im Land schaden. Der deutsche Ex-Botschafter in Moskau, Ernst-Jörg von Studnitz, vertritt jedenfalls einen etwas anderen Ansatz als die Vertreter der EU. Er ist davon überzeugt, dass der Westen gegenüber Russland „eine kluge Politik des Ausgleichs und der Versöhnung betreiben“ muss, das sei „das alternativlose Rezept für die Zukunft“.

Russland ist ein immer wichtiger werdender Markt.

Christina Marent, WKV