“Die ersten zehn Jahre waren sicher einfacher”

Lustenau. Mit erst 23 Jahren startete Udo Filzmaier vor 20 Jahren in die Selbstständigkeit. Weil er, wie er sagt, damals keinen passenden Job für sich fand. Im Interview spricht er über gute und schlechte Jahre, den Technologiewandel, wieso er nach wie vor gern arbeitet und was er jungen Gründern raten würde.
Als Sie 1994 Ihr Unternehmen gründeten, schienen die Perspektiven in Ihrer Branche grenzenlos, und Sie waren mit 23 Jahren sehr jung. Haben sich seither all Ihre Erwartungen erfüllt?
Filzmaier: Wenn man 20 Jahre zurückschaut, ist das eine lange Zeit. Die ersten zehn Jahre waren sicher einfacher, die nächsten zehn Jahre schwieriger. Aber im Großen und Ganzen haben sich die Erwartungen schon sehr erfüllt.
Was waren die Erwartungen?
Filzmaier: Als ich anfing, war ich auf einem Jungunternehmerseminar, und mein Ziel waren damals 250 Millionen Schilling Umsatz und 150 Mitarbeiter. Das war so die erste Vision. Da sind wir jetzt etwas drüber.
Es gab aber auch schwierige Zeiten, Verluste und Umbrüche. Wie gingen und gehen Sie damit um?
Filzmaier: Die schwierigen Zeiten kamen hauptsächlich aus Marktveränderungen, und wir mussten immer extrem viel in neue Technologien investieren, damit die Zukunft gesichert ist. Das ist das Thema, das sich verändert hat. Früher war es einfacher von der Wettbewerbssituation her. Die letzten zehn Jahre haben wir stark mit asiatischem Wettbewerb gekämpft und uns neu positionieren müssen. Wir haben eigentlich das Unternehmen in den letzten zehn Jahren komplett umgekrempelt. Das waren die größten Herausforderungen.
Hatten Sie nie das Gefühl, dass es nicht mehr weitergeht und S.I.E dem Wandel nicht mehr standhalten kann?
Filzmaier: Das ist das eigentlich Spannende, dass sich der Markt kontinuierlich ändert. Als ich anfing, gab es beispielsweise noch kein Mobiltelefon. Das ist auch etwas, was uns viele Möglichkeiten gibt. Andererseits hat früher ein Computer auch 100.000 Schilling gekostet und heute nur mehr 500 Euro. Und das bei deutlich mehr Performance. Das heißt für uns, die Mengen müssen sich erhöhen und wir müssen kontinuierlich neue Kunden und Märkte dazugewinnen, damit wir zumindest den Umsatz halten können. Um zu wachsen, brauchen wir neue Technologien und Implementierungen.
Sie bieten Elektroniklösungen, -komponenten und -dienstleistungen in den Märkten Medical, ABL, Government & Security und Industrie an. Was kann man sich als Laie darunter vorstellen?
Filzmaier: Wir haben ursprünglich nur mit Bauteilen und Chips gehandelt, später dann mit Elektronik und Computertechnik angefangen. Heute sind es hauptsächlich Computer für Medizin- und Sicherheitstechnik. Zum Beispiel ist in einem Ultraschallgerät ein Rechner drin für die 3D-Berechnung oder bei einem Laboranalysegerät ein Display mit einem Touchscreen und einem Rechner. Im Bereich Security machen wir die Hardware für Verschlüsselungsboxen für die deutschen und holländischen Behörden. In den letzten drei Jahren haben wir viel in ein Baukastensystem für die Elektronik investiert. Es sind lauter einzelne Module, die man zusammenstecken und somit sehr einfach ein neues Produkt entwickeln kann, das schon medizinisch zugelassen ist.
Ist die Medizintechnik auch der größte Wachstumsmarkt?
Filzmaier: Da haben wir die letzten zehn Jahre extrem viel investiert. In der Medizintechnik sind Sicherheit und Vertrauen ein großes Thema. Und Vertrauen schafft man sich dadurch, dass man über viele Jahre am Markt ist. Das haben wir sehr gut geschafft, wir sind sehr tief bei Medizinkunden dabei, die in den kommenden Jahren große Projekte hochstarten wollen.
Sie haben Niederlassungen in Deutschland, Hongkong, den USA und Australien. Sind das auch die stärksten Märkte für S.I.E?
Filzmaier: Deutschland ist sicher der stärkste Markt. Dann kommen gleich einmal die Schweiz und die USA.
Haben Sie es jemals bereut, diesen Weg eingeschlagen zu haben?
Filzmaier: Natürlich gibt es Auf und Ab. Aber es war immer eine spannende Zeit und ich mache es nach wie vor gerne.
Was können Sie jungen Gründern mit auf den Weg geben?
Filzmaier: Das Unternehmerische muss man schon in sich haben und auch das Umfeld dazu haben. Eine gute Idee ist hilfreich, aber schlussendlich kommt die Idee selber auf einen zu, wenn man das Unternehmerische in sich hat. Es gibt auch viel Literatur und viele Leute mit Erfahrung, da kann man sich einiges aneignen. Oder es ist wie bei mir, dass man dazu gezwungen wird. Ich habe einen neuen Job gesucht und keinen gefunden. Da habe ich gesagt: „Dann probiere ich es selber.“
Oft haben wir eine dreijährige Entwicklungszeit. Diese Zeit muss man erst einmal überbrücken.

Kennzahlen
S.I.E-Group
» Umsatz 2013: 33,625 Millionen Euro
» Mitarbeiter: 186
» Exportumsatz: 92%
» Umsatz nach Geschäftsbereichen
31% Medical
34% Government & Security
10% Industrial
25% Distribution
Zur Person
Udo Filzmaier
CEO und Inhaber der S.I.E Group (System Industrie Electronic)
Geboren: 17. 3. 1971
Ausbildung: Lehre bei Blum
Laufbahn: drei Jahre im Vertrieb tätig, danach Beschäftigung im Bereich
Softwareprogrammierung; 1994 Start in die eigene Selbstständigkeit (Gründung der System Industrie Electronic); verschiedene Auszeichnungen (unter anderem zum Hightech-Jungunternehmer des Jahres; 1999 Jungunternehmer des Jahres)
Familie: verheiratet, zwei Töchter (19, 15)