Der gescannte Arbeiter

Von Kopf bis Fuß durchleuchtet – „People Analytics“ lässt Manager tief in ihre Mitarbeiter hineinblicken.
ZUKUNFTSWELT. (dh) Der gläserne Mensch ist längst schon Realität. Doch mit der genauen Durchleuchtung aller Daten hat „Big Brother“ noch lange nicht genug. Vielmehr wird in absehbarer Zeit – zumindest in der Theorie – eine noch viel intensivere Überwachung möglich sein. In der Arbeitswelt hat dies weitreichende Konsequenzen. Die US-Firma Volometrix bietet bereits ein Software-Paket an, das jede E-Mail und jeden Kalendereintrag der Mitarbeiter scannt und auf dieser Grundlage eine aktuelle Netzwerkanalyse erstellt. People Analytics nennt sich das System, mit dem Zeitverhaltensmuster und Netzwerktrends genau aufgezeichnet werden können. Die Reports bieten eine Echtzeit-Einsicht für Entscheidungsträger, damit diese das Geschäft effektiv managen und sich ihrer wertvollsten Ressource bemächtigen können: der Mitarbeiter. Übersetzt bedeutet dies, dass ein Vorgesetzter über ein Display etwa daraus genau schließen kann, ob der Mitarbeiter auch tatsächlich an seinem Arbeitsplatz sitzt und auch, ob er in sozialen Netzwerken gut vernetzt ist. Seine Leistung kann damit quantifiziert werden. Weicht sie von der Norm ab, wird dies in Rot angezeigt.
Performance steigern
Das Wall Street Journal schreibt zu diesem Verfahren, dass Menschen in einem Unternehmen wie jeder andere Posten in der Verwertungskette behandelt werden: als etwas, das beobachtet, registriert und rekonfiguriert wird. Der Mitarbeiter wird in seinen Handlungen ziemlich durchschaubar. Das macht es leicht, im Bedarfsfall Korrekturen vorzunehmen und den Angestellten wieder auf Kurs zu bringen. Auch wenn andere Faktoren, die nicht an der reinen Arbeitsleistung gemessen werden, zur Beurteilung ebenfalls eine Rolle spielen, gilt der Produktivität noch immer das größte Augenmerk.
Ziel dieses Systems ist es, dass die Performance des Unternehmens gesteigert wird. Die speziellen Leistungsindikatoren messen, wie groß das interne Netzwerk ist, wie viel Zeit man mit Kunden verbringt oder wie oft man in sein E-Mail-Postfach schaut. Doch wofür benötigen Manager solche Daten? Sie können daraus ein Kosten-Nutzen-Schema erstellen. Die zeitbasierten Daten quantifizieren die Zeit, die ein Mitarbeiter mit E-Mails und Meetings verbringt. Ein Verkäufer mit einem größeren Kundenstamm ist für die Firma beispielsweise wertvoller als der Kollege mit kleinerem Netzwerk. Und wer viele Meetings abhält, gilt allgemein als engagierter als jene, die weniger oft an Sitzungen teilnehmen.
Die Führungskräfte können anhand der Daten nicht nur analysieren, wie viel Zeit man für bestimmte Aktivitäten verwendet, sondern auch, mit wem man interagiert. Fraglich bleibt nur, ob es dann noch Mitarbeiter geben wird, die für solch ein Unternehmen tätig sein wollen.