Unternehmen bleiben dem Gründungsort treu

Unternehmensgründungen zu unterstützen ist langfristig besser, als Ansiedlungen zu fördern.
Dornbirn. (VN-sca) Der Mailänder Bote ist in Wahrheit ein Vorarlberger und das beste Beispiel für ein “endogenes Unternehmen”. Er trat seinen Weg von Fußach über die Alpen im Jahr 1447 zum ersten Mal an. Seither hat sich sein Aktionsradius erheblich erweitert, sein Standort blieb aber Vorarlberg. Heute heißt er Gebrüder Weiss und zählt mit rund 6000 Mitarbeitern, 150 firmeneigenen Standorten und einem Jahresumsatz von über 1,2 Milliarden Euro (2014) zu den führenden Transport- und Logistikunternehmen Europas. Der Standort hat sich nur um wenige Kilometer verschoben. War der Mailänder Bote, den die Familien Spehler und Vis (Weiss) betrieben, in Fußach stationiert, so hat die Firma Gebrüder Weiss ihr Headquarter in Lauterach gerade ausgebaut.
Standortentwicklung
Gebrüder Weiss ist ein Beispiel, das die erste Untersuchung zum Thema „Endogene Unternehmen und ihr Einfluss auf die nachhaltige Entwicklung von Standorten“, die das Dornbirner Institut für Standort-, Regional- und Kommunalentwicklung durchgeführt hat, nennt. Der Dornbirner Standortexperte und FH-Studiengangsleiter Gerald Mathis wollte genau wissen, wie sich Unternehmen langfristig entwickelt haben, bzw. wie standorttreu Betriebsansiedlungen sind. Deshalb untersuchte er die Entwicklung von ausgesuchten Firmen in Vorarlberg.
Das Ergebnis seiner Forschungen ist eine Bestätigung für jene, die sowieso davon überzeugt sind, dass die einheimischen Unternehmen für den Standort besser sind, und eine Absage an jene, die das Heil in der Ansiedlung internationaler Konzerne suchen. “Regionale Unternehmen, wie etwa Blum in Höchst oder Hilti in Liechtenstein bekennen sich zu ihrem Standort und damit zum sozialen System, in das sie integriert sind. Diese Unternehmen fahren andere und nachhaltige Standortstrategien und nutzen gleichzeitig ebenfalls die Kraft des Systems”, resümiert Mathis. Er rät den Wirtschaftspolitikern, deshalb nicht etwa auf Ansiedlungen zu verzichten, sondern den “Eigengewächsen” mehr Augenmerk zu schenken.
Eigene Gründungen
Mathis ging bei seinen Recherchen bis ins 19. Jahrhundert zurück. Es waren Textilunternehmen, die damals den Standort prägten. Während sich die ausländischen Investoren, wie die Schweizer Konrad Gysi und Escher aus Zürich oder die Briten Peter Kennedy und John Douglas, gesellschaftlich nicht integrierten und sich dann auch wieder aus dem Land zurückzogen, blieben die von Vorarlbergern gegründeten Unternehmen dem Standort erhalten. Als Beispiele nennt er die Textilfirma Getzner oder den Papierhersteller Rondo Ganahl, die eine jahrhundertelange Tradtion besitzen. Auch die etwas später gegründeten Firmen Doppelmayr und Collini untermauern das Ergebnis der Untersuchung.
In der globalisierten Welt brauchen wir dringender denn je standortverbundene Unternehmen.
Gerald Mathis, Studienautor
Endogen ist Trumpf
» Endogene* Unternehmen sind Unternehmen, deren Entscheidungsträger Teil des sozialen Systems einer Region sind.
» Endogene Unternehmen fahren nachhaltige Standortstrategien und nutzen die Kraft des Systems einer Region.
* endogen (griechisch): im Inneren erzeugt, aus dem Inneren heraus