Zwischen erstaunlich und bewundernswert

Markt / 16.06.2015 • 22:18 Uhr
Zwischen erstaunlich und bewundernswert

Vorarlberg war 2014 Spitzenreiter beim Wirtschaftswachstum. Sorge um die Situation am Arbeitsmarkt.

Bregenz. (VN-reh) Was ist das Interessanteste am Wirtschaftsbericht 2014/15? Wahrscheinlich die Tatsache, dass sich Vorarlberg trotz angespannter Lage im vergangenen Jahr gut geschlagen hat. Der Euroraum kämpfte mit einer Konjunkturschwäche. Österreich verzeichnete gesamt ein Wachstum von nur 0,3 Prozent. Und Vorarlberg? Hob sich von all den negativen Entwicklungen positiv ab und erzielte mit 1,4 Prozent das höchste Wachstum aller Bundesländer (die Bank Austria errechnet sogar +2,5 Prozent). „Die Vorarlberger Wirtschaft kann auch in volatilen Zeiten erfolgreich sein“, resümiert Wirtschaftslandesrat Karlheinz Rüdisser und nennt die Hauptbeteiligten am Erfolg. Die Sachgütererzeugung nahm überdurchschnittlich zu (+6,4 Prozent), die Bauwirtschaft erzielte eine deutliche Steigerung (+10,5 Prozent), mehr Umsatz gab es in der Dienstleistungsbranche sowie im Einzelhandel, und der Tourismus brachte Spitzenergebnisse im Sommer und im Winter.

Aber der Kern und der Hauptgrund für das Wachstum ist eindeutig der Export. Für Landeshauptmann Markus Wallner bewundernswert, dass überhaupt noch Steigerungen möglich sind. Im ersten Halbjahr 2014 erzielten Vorarlberger Unternehmen einen Exportwert von 4,4 Milliarden Euro, 7,1 Prozent mehr als im Vorjahr. Mit einer Exportquote von 60 Prozent wurde ein neuer Spitzenwert erzielt.

Sorge wegen Ranking

Vor dem Hintergrund eines immer schwieriger werdenden wirtschaftlichen Umfelds sei die Entwicklung in Vorarlberg sowieso erstaunlich, sagt Helmut Steurer, Direktor der Wirtschaftskammer Vorarlberg. Sorgen bereitet ihm allerdings das aktuelle IMD-Ranking, das die Wettbewerbsfähigkeit und Standortattraktivität von 61 Ländern vergleicht. Seit 2007 ist Österreich von Platz elf auf Platz 26 zurückgefallen. Schwachstellen sind die öffentlichen Finanzen, die Einkommensteuern und die Fiskalpolitik. Dort gelte es den Hebel anzusetzen, fordert Steurer mehr Unterstützung von der Politik.

Wenig euphorisch fällt auch der Blick auf den Arbeitsmarkt aus. Die Arbeitslosigkeit steigt weiter an. Das Wachstum hat zwar geholfen, den Zuwachs etwas zu dämpfen, es war aber letztlich doch zu schwach, um die Arbeitslosigkeit einzubremsen oder gar zurückzudrehen. Hier ist weiter mit einer Anspannung zu rechnen. Einziger Hoffnungsschimmer ist die zeitgleiche Rekordbeschäftigung. Ein Hinterherhinken gibt es derweil auch beim privaten Konsum. Hier brauche es dringend eine Stimulierung, sagt Markus Wallner und ist überzeugt, dass die Steuerreform dabei hilft, die Kaufkraft wieder anzukurbeln. Als Wachstumsbremse ortet er indes die Bürokratie. Aber man sei sowieso dabei, diese weiter abzubauen.

Die Gewerkschaftsforderung nach der 35-Stunden-Woche lehnt Karlheinz Rüdisser indes strikt ab. „Das kann nur von jenen kommen, die sich nicht intensiv mit dem Arbeitsmarkt auseinandergesetzt haben. Ich kann davor nur intensiv warnen, weil es unsere Wettbewerbsposition gefährdet. Wir haben bereits einen erheblichen Fachkräftemangel. Diese ,Wunderwaffe‘ bedeutet dann, dass Unqualifizierte in Fachpositionen kommen.“