Von “Kampfzonen” und “Millionengräbern”

Raumordnungsexpertin Gerlind Weber referierte zu verfehlter Raumplanung und Zersiedelung.
Dornbirn. (VN-gms) 2015 wurde von der UNO zum „Internationalen Jahr der Böden“ erklärt. Aus diesem Anlass griffen die VN gemeinsam mit der Landwirtschaftskammer Vorarlberg das Thema auf und luden zu einem Fachvortrag mit der Raumordnungsexpertin Prof. Dr. Gerlind Weber. „Verbauen wir uns unsere Zukunft?“, so die Fragestellung, die den Vortrag einrahmte. Eine Frage, die auf reges Interesse stieß; die von Chefredakterur-STV. Andreas Feiertag moderierte Veranstaltung beim Dornbirner Möcklebur war bis auf den letzten Platz gefüllt. Einleitend forderte Kogastgeber Landwirtschaftskammerpräsident Josef Moosbrugger, dass gute Ackerflächen geschützt werden sollten.
Gerlind Weber schaffte es, ein hochkomplexes Thema so zu präsentieren, dass die Zuhörer einen umfassenden Zugang zum Thema erhielten. In einem ersten Schritt verdeutlichte sie die Problemlage immer wieder auch mit aufrüttelnden Zahlen. Sie zeigte auf, dass in Vorarlberg noch 37 Prozent der gewidmeten Bauflächen unverbaut sind, es gäbe also Platz für 246.000 zusätzliche Vorarlberger. Trotzdem gehen in Vorarlberg nach wie vor täglich zwei Fussballfelder an Grünfläche verloren. 3,3 Milliarden Euro an Werten werden jedes Jahr in Österreich nur durch Umwidmungen „erschaffen“, Tendenz steigend, so Weber. Resultat ist eine extreme Zersiedelung, die nicht zukunftsfähig sei.
Schritt für Schritt erklärte Prof. Weber die einzelnen Arten gewidmeter Flächen und zeigte jeweils Problemstellung und Lösungsvorschläge vor. Sie betonte dabei, dass es keine Patentlösung geben könne, nur eine Vielzahl an Maßnahmen könnte helfen. Besonders stark kritisierte Weber das „unheilvolle Bauerwartungsland“, das sie als Kampfzone bezeichnete, da hier viele Erwartungen geweckt würden. Die vielen erschlossenen, aber unbebauten Bauflächen seien „Millionengräber der öffentlichen Hand“, hier könnte beispielsweise eine Umlegung der Erschließungskosten auf die Grundbesitzer vor der Bebauung Abhilfe schaffen. Der Flächenwidmungsplan habe als Instrument versagt, deshalb müssten andere Maßnahmen genutzt werden. Wichtig sei es jedenfalls, die Bremse bei Umwidmungen zu ziehen und bestehende Bauflächen und Baulücken zu aktivieren, um einen weiteren Preisanstieg zu verhindern.
Interessierte Gäste
Die Politik war nicht nur durch Landesrat Johannes Rauch vertreten, der mit einem Statement gegen die Erweiterungspläne des Messeparks aufhorchen ließ, auch die Landtagsabgeordneten Martina Pointner (Neos), Adi Gross (Grüne), Bernhard Feuerstein (ÖVP) und Daniel Allgäuer (FPÖ) besuchten die Veranstaltung. Bürgermeister Kilian Tschabrun (Zwischenwasser) berichtete von seinen Erfahrungen mit dem Räumlichen Entwicklungskonzept.
Zahlreiche Vertreter der Landwirtschaft waren vor Ort, neben Kammerpräsident Josef Moosbrugger unter anderem Landwirtschaftskammerdirektor Gebhard Bechter, sowie Bundesbäuerin Andrea Schwarzmann. Naturschutzanwältin Katharina Lins diskutierte ebenfalls mit. Kathrin Winter von der Vorarlberger Hypo Landesbank war ebenso dabei wie Christoph Breuer vom Verein Bodenfreiheit und VN-Ombudsmann Gottfried Feurstein.


