Vorarlberg-Front gegen 35-Stunden-Woche

ÖGB Vorarlberg und IV gemeinsam gegen Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich.
Schwarzach. Dass die Gewerkschaft in Wien vergangene Woche eine 35-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich forderte, fanden die Arbeitgebervertreter naturgemäß gar nicht lustig. Sehen sie doch darin eine Gefährdung der Arbeitsplätze. Dass im Gegensatz zu Wien, wo die Fronten verhärtet sind, in Vorarlberg die Uhren etwas anders ticken, zeigt die Tatsache, dass sich IV-Präsident Martin Ohneberg und ÖGB-Vorsitzender Norbert Loacker zusammengetan haben und gemeinsam eine „Allianz der Vernünftigen“ fordern. Man könne Herausforderungen wie Konjunkturschwäche und Arbeitslosigkeit nur gemeinsam in den Griff bekommen.
Betriebe wandern ab
Loacker schlägt zugleich in eine völlig andere Kerbe als seine Gewerkschafter-Kollegen in Wien. Grundsätzlich seien Diskussionen betreffend der Gestaltung der Arbeitszeit erwünscht und notwendig. Für ihn als Gewerkschaftsvertreter und Betriebsrat habe aber die Sicherung der Arbeitsplätze oberste Priorität. „Wer eine Verkürzung auf eine 35-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich fordert, ist mitverantwortlich, wenn die Lohn- und Lohnnebenkosten stark ansteigen“, stellt er klar. Denn das würde für große Vorarlberger Industriebetriebe mit einem Exportanteil von über 90 Prozent in absehbarer Zeit auf dem Weltmarkt zu Problemen führen. „In Österreich 35 Wochenstunden arbeiten zu wollen, im Wissen, dass über der Schweizer Grenze seitens der Arbeitgeber eine Erhöhung auf 45 Wochenstunden gefordert wird, ist unrealistisch“, macht er deutlich. Man dürfe sich dann auch nicht wundern, wenn Geschäftsführer sich überlegen, wegen der stark steigenden Produktionskosten Teile ihrer Produktion ins Ausland zu verlagern. „Arbeitszeitpolitik auf Kosten der Arbeitsplatzsicherheit kommt daher für mich nicht infrage“, sagt der Gewerkschafter. IV-Präsident Ohneberg ist natürlich froh ob dieser klaren Worte. Denn wie man in Wien eine Diskussion zu einer 35-Stunden-Woche oder einem Überstunden-Euro anzünden kann, ist für ihn schlichtweg fahrlässig und realitätsfremd.
Mehr Freizeit statt Lohnplus
Und während Arbeitgeber und Gewerkschaft auf Bundesebene auch keine Annäherung in Sachen Freizeitoption – also der Möglichkeit zwischen Lohnerhöhung oder Abgeltung in Zeit zu wählen – finden, ist die Situation in Vorarlberg ebenfalls etwas anders. Für Loacker ist die Freizeitoption eine echte Alternative zur generellen Arbeitszeitverkürzung. Auch Ohneberg ist generell für mehr Gestaltungsspielraum auf betrieblicher Ebene. Er sei sich sicher, dass dies sowohl im Interesse vieler Unternehmen als auch Mitarbeiter sei. Denn die heutigen Rahmenbedingungen entsprechen oft nicht den Notwendigkeiten einer modernen Arbeitswelt. „Wir bezweifeln nicht, dass Arbeitnehmer in einem gewissen, fixen Rahmen geschützt gehören. Aber daneben sollte noch mehr Spielraum geschaffen werden, um auf die einzelbetriebliche Situation eingehen zu können.“ Abzuwarten bleibt, ob sich Wien an so viel „Miteinander“ ein Vorbild nimmt.
