Börsen im Nervenkrieg

Griechenland-Drama: Verluste für DAX und Co – Crash blieb aber aus. Kaum Auswirkungen in Österreich.
Frankfurt. (VN) Die Eskalation der Griechenland-Krise hat die Kurse an den internationalen Finanzmärkten auf Talfahrt geschickt. Allerdings fielen die Verluste am Montag geringer aus als von vielen befürchtet. Der deutsche Leitindex DAX gab bis zum Nachmittag um 2,55 Prozent auf 11-199,81 Punkte nach. Kurz nach Handelsbeginn war er allerdings noch um 4,12 Prozent abgesackt. An anderen Aktienmärkten in Europa und in Asien ging es ebenfalls bergab. Marktbeobachter gehen aber davon aus, dass sich die Kurse bald wieder erholen werden. Die deutsche Wirtschaft reagierte gelassen auf das Hellas-Drama. Die dramatischen Ereignisse vom Wochenende warfen auch den Euro-Kurs nicht aus der Bahn. Nachdem die Gemeinschaftswährung am Morgen deutlich unter 1,10 US-Dollar gefallen war, fing sie sich im Handelsverlauf. Zuletzt hielt sich der Euro wieder über 1,11 US-Dollar.
Anleger kalt erwischt
Anleger in Asien und Europa wurden von dem Hellas-Drama zum Start in die neue Handelswoche kalt erwischt. Bis zuletzt hatten die meisten auf eine Einigung gehofft. Der Leitindex der Eurozone, der EuroStoxx 50, rutschte in der ersten Viertelstunde nach Handelsbeginn um 4,66 Prozent auf 3452,55 Punkte ab, erholte sich aber ebenfalls im Laufe des Tages. Am Nachmittag lag er noch mit 3,22 Prozent im Minus. Die Börse in Athen blieb geschlossen.
Zuvor hatten die Börsen in Ostasien deutlich nachgegeben. In Japan verlor der Nikkei-Index zum Handelsschluss 2,88 Prozent auf
20.109,95 Zähler. Auch in Singapur, Sydney und Hongkong notierten die Kurse im Minus.
Der Hauptgeschäftsführer der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW), Marc Tüngler, erwartet aber keinen Crash an den Börsen. „Natürlich wird der DAX zunächst leiden, aber fundamental ist die Wirtschaft intakt“, sagte Tüngler. Der Rückschlag werde nicht von Dauer sein. „Griechenland bleibt pleite und es geht nun darum, ob das Ende mit Schrecken kommt,“ erklärt indes Marktexperte Daniel Saurenz von Feingold Research. „Danach jedoch werden die Investoren wieder Vertrauen fassen.“ Die US-Zinsen und die Abstimmung der Briten über den Verbleib des Landes in der Europäischen Union (EU) seien wichtiger.
Verbleib im Euro
Die Gefahr eines „Grexit“, also des Ausstiegs der Griechen aus der Währungsunion, sieht Wortschöpfer Ebrahim Rahbari von der US-Investmentbank Citigroup sogar gesunken. Er rechnet bei der Volksabstimmung in Griechenland mit einer „komfortablen Mehrheit“ für die von den Geldgebern geforderten Reformen und einen Verbleib im Euro.
Auch an den europäischen Anleihemärkten machte sich das Hellas-Drama bemerkbar. Sicher geltende Anlagen wie deutsche Staatsanleihen waren bei Anlegern begehrt. Südeuropäische Schuldpapiere gerieten dagegen unter Druck, allerdings längst nicht so stark wie griechische Papiere. So erhöhte sich die Rendite zweijähriger Anleihen des Landes um etwa 12 Prozentpunkte auf 32 Prozent. Die von einigen Beobachtern erwartete Panikreaktion blieb aber aus.
Ölpreise reagierten
Das Schuldendrama lastete auch auf den Ölpreisen. Anleger meiden in Phasen hoher Unsicherheit riskantere Anlageformen, sagen Händler. Ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent zur Lieferung im August kostete im asiatischen Handel 62,49 US-Dollar. Das waren 77 Cent weniger als zum Handelsschluss am Freitag. Der Preis für ein Fass der US-Sorte West Texas Intermediate (WTI) sank um 89 Cent auf 58,74 Dollar.
Österreich kaum betroffen
In Österreich dürfte sich die Krise in Griechenland indes kaum auswirken, erwartet RZB-Chef Walter Rothensteiner. Sein eigenes Institut sei in dem Land „absolut nicht engagiert“, und plane dies auch nicht. Auch andere Banken hätten wenig Außenstände dort. Allenfalls könnte die Verschuldung der Republik leicht steigen, wenn Griechenlands Schulden uneinbringlich werden.